Dienstag, 15. Oktober 2013

GZA - Liquid Swords

Release Date:
07. November 1995

Label:
Geffen Records

Tracklist:
01. Liquid Swords (Feat. RZA)
02. Duel Of The Iron Mic (Feat. Inspectah Deck, Masta Killa & Ol' Dirty Bastard)
03. Living In The World Today (Feat. Method Man)
04. Gold
05. Cold World (Feat. Inspectah Deck & Life)
06. Labels (Feat. RZA)
07. 4th Chamber (Feat. Ghostface Killah, Killah Priest & RZA)
08. Shadowboxin' (Feat. Method Man)
09. Hell's Wind Staff / Killah Hills 10304 (Feat. RZA & Masta Killa)
10. Investigative Reports (Feat. Raekwon, Ghostface Killah & U-God)
11. Swordsman
12. I Gotcha Back (feat. RZA)
13. Basic Instructions Before Leaving Earth (Feat. Killah Priest)
Review:
Des RZAs großer Masterplan zum Aufbau des Wu-Imperiums ist 1995 mit den Alben von ODB und Raekwon schon voll im Gange. Doch es soll noch ein drittes hinzukommen, nämlich von GZA, der mit seinem Beinamen The Genius oft als geistiger Führer des Clans gehandelt wird. Ein wichtiger Faktor mag sein, dass er die meiste Erfahrung mitbringt und dank seiner kurzen Liaison mit Cold Chillin' schon Erfahrung und ein (zugegebenermaßen sehr unbeachtetes) Album auf dem Konto stehen hat. Also gräbt er sich Mitte des Jahres '95 im Apartment seines Cousins ein und gibt sich dem Schreiben der Rhymes des nächsten Wu-Meilensteins, "Liquid Swords", hin.
WRITTEN FOR Rap4Fame
 
 Die drei bis dato erschienenen Wu-Solos hatten alle ihren eigenen Touch, "Liquid Swords" konzentriert sich wie kein anderes auf die Essenz: Kung-Fu-Samples, martialische Beats sowie flüssig und kunstvoll aber zugleich messerscharf vorgetragene Rhymes (was den Albumtitel als importierte Metapher vollends rechtfertigt). In bester Wu-Manier umfasst das Album viele Gäste, alle aus inneren Clan-Kreisen - bei genauem Hinsehen fällt sogar auf, dass jedes Clan-Mitglied vertreten ist. Doch zuerst gilt es, die Beats und somit RZAs Arbeit zu betrachten, denn wenngleich mit 4th Disciple ein damals noch kaum bekanntes Mitglied der Wu-Elements beteiligt ist, so ist es doch wieder Robert Diggs, der Ausrichtung und Sound maßgeblich beeinflusst und als Exec fungiert. Wer dachte, das bisherige Wu-Tang-Jahr 1995 war hart, der kann seine Meinung nach "LS" in Stein meißeln: Selbst "Enter The Wu-Tang" hat Mühe, mit der Eiseskälte, die RZA einem um die Ohren bläst, mitzuhalten - unnötig zu erwähnen, dass das Gebotene nicht nur zeitlos ist, sondern auch zu dem besten gehört, was der RZA je aufgekocht hat. In dieses Setting schneidet nun der Genius ein, der nicht umsonst als Meister-Lyriker gilt: Kühl und distanziert ergeht er sich wahlweise in Battle-Rhymes oder bildhaften Umschreibungen ausgewählter Szenerien, wie etwa in "Cold World", für das Garys Cousin Life einige Stevie-Wonder-Zeilen modifiziert, während GZA einen Abriss einer eisigen Slyvesternacht in Brownsville und Red Hook offenbart: "But with iron on the sides, thugs took no excuses / Therefore, your fifty-two handblocks was useless / Links was snatched off necks, scars on throats / Jackets took, after bullet rips through coats. Seinen Anfang nimmt das Album allerdings mit einem Sample aus "Shogun Assassin", scheinbar ein Lieblingsfilm von RZA, da seine Dialoge sich als Thema durch die ganze LP ziehen. Doch so selbstverständlich klingend wie der Intro-Dialog in "Liquid Swords" gebettet wurde, klingt er so, als wäre er speziell für diesen Anlass aufgenommen worden. Der nächste Hammer wartet in "Duel Of The Iron Mic", das sowohl in seiner einzigartigen, RZA-typischen Verwendung des Piano-Loops im düsteren Rhythmus-Bett als auch in seinem Zusammentreffen der Wu-Brüder keine Verbesserungsmöglichkeiten mehr aufweist. Ein Merkmal dieser Scheibe ist die geringe Zahl (oder gar Abwesenheit) der großen Wu-Hymnen, die selbst der Dorfdepp von nebenan kennt. Dies kommt der Kohärenz und Kompaktheit der Scheibe zugute, viele der Tracks hätten auf anderen Wu-Platten mit Sicherheit keinen Platz gefunden, machen hier aber zweifelsohne Sinn und sorgen dafür, dass man sogar nach vielmaligem Hören noch Songs für sich entdeckt. Zu den offensichtlichen Highlights gehört "Shadowboxin'" mit seinem markanten Pitch-Voice-Sample und Meths starker Präsenz, vor allem aber "4th Chamber", das den vielleicht kaltblütigsten, brutalsten RZA-Beat aller Zeiten auffährt, dem noch dazu mit Ghost und KP zwei unwahrscheinlich gute Gäste beiwohnen. Weniger ins Auge stechen auf die ersten Male "Investigative Reports" mit seinen Streichern, dem guten Einsatz von News-Fetzen und U-God in der Hook, aber auch das hinter den rohen Drums versteckte Dröhnen in der Warnung vor sämtlichen "Labels", bei dem GZA (ähnlich der Tracklist auf dem Back-Cover) in einem einzigen Vers ungefähr 35 Label-Namen verbaut (Geffen eingeschlossen, was unterstreicht, dass es sich hierbei um keinen direkten Rundumschlag handelt). "Killa Hills 10304" stellt sich als Mafia-Episode mit vollem Programm - Verbrechen, Erpressung, Bestechung, Schmuggel und der explodierenden Champagner-Flasche - heraus, suchte man nach dem schwächsten Track der Scheibe, so müsste man "Swordsman" benennen. Nachdem in "I Gotcha Back", das an einen jüngeren Cousin adressiert ist, die Übel des Drogengeschäfts (geschildert am Beispiel angehender Teenager) abgehandelt werden, folgt mit "B.I.B.L.E." der krönende Abschluss - ein Gast-Track, in dem sich 4th Disciple mit dem hinreißenden Instrumental inklusive eingesampelten Kinderlachens einen Namen macht, während Priest selbiges am Mic tut und mit GZAs Zuspruch seine Sicht auf die Religion und den korrekten spirituellen Weg (den der Gods And Earths) darlegt.

Man kann nun nach dem Sinn fragen, den letzten Track einem Schützling/ Kumpel zu überlassen, doch letzten Endes trägt "B.I.B.L.E." nur zum unverrückbaren Charakter dieses Albums bei, dessen Abbild Maximilian zusammen mit Bobby Steels direkt in HipHops Mt. Rushmore meißelt. "Liquid Sowrds" ist zugegebenermaßen kein einfaches Album und eignet sich nicht unbedingt zum Einstieg in die Wu-Kreise, dafür gehört es zu jenen Alben, die man nur sehr schwer tothören kann und die einen unglaublichen Reichtum an guter HipHop-Musik zu bieten haben, die aber nicht für jeden gemacht sind. Da es mit Raekwons Erstling die qualitative Spitze der Wu-Solos ausmacht, ist "Liquid Swords" sowieso Pflichtlektüre, wie sehr man sich von der Magie der Mischung aus GZAs komplexen Reimen und RZAs unantastbaren Beats einfangen lassen will, bleibt jedem selbst überlassen.
 
9.8 / 10

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