Dienstag, 15. Oktober 2013

Aesop Rock - Appleseed

Release Date:
1999

Label:
Eigenvertrieb

Tracklist:
01. Appleseed Intro
02. Dryspell
03. Same Space (The Tugboat Complex Pt. 2)
04. Sick Friend
05. Hold The Cup
06. 1000 Deaths
07. Blue In The Face
08. Odessa (Feat. Dose One)
Review:
Anfangs rechnet Aesop Rock nicht damit, auch nur einen einzigen Fan zu haben, geschweige denn, seine Musik verkaufen zu können. Doch "Music For Earthworms" ist der erste Beweis, dass die Welt an der Musik des New Yorkers interessiert ist. Des Weiteren kann sich Aesop von dem überschaubaren Geld, das von seinem ersten Output abgefallen ist, Ausrüstung kaufen und die eigenen Producer-Fähigkeiten weiterentwickeln, da er mit Dub-L, der noch den Großteil von "Earthworms" produzierte, musikalisch sowieso nie komplett auf derselben Wellenlänge war. Da es ihn außerdem stört, die Cover für seine erste CD-R immer wieder selbst auszuschneiden, macht er sich an ein neues Projekt, eine erneut selbst finanzierte EP namens "Appleseed".
WRITTEN FOR Rap4Fame
 
 Der kluge, aber leicht chaotische Nebenjob-Kellner kann sich nun also auf seinen eigenen Arrangements austoben, was er auch direkt eine halbe Stunde lang auf siebeneinhalb Tracks tut, wobei einer von Omega One und einer von Blockhead produziert ist; den Rest besorgt er mit seiner ASR-10 selbst. Der Sound ist auf jedem Anspielpunkt derselbe: eigentümlich und unkonvetionell. Die ganze EP fährt ein langsames Tempo, auf dem viele MCs völlig verloren wären, und während einige Songs instrumentale Juwelen sind, begeistern die rohen Instrumentals anderer Stationen wenig bis gar nicht, denn erst Aesop Rock erweckt sie zum Leben. Das gelingt ihm mit seinem spätestens jetzt voll ausgeprägten Rap-Stil, mit dem Aesop in Sachen Tempo ebenfalls keine Eile hat, aber so unbeschwert über Stock und Stein flowt, dass manche Verse ebenso eine einzige, lange Zeile sein könnten. Hooks und konventionelle Songstrukturen sind nicht das, woran man sich orientieren sollte, sofern man nicht heillos verlorengehen will. Ein Musterbeispiel für viele der Besonderheiten, die Aesop ausmachen, ist "Dryspell": Eine unauffällige Snare trottet durch den Hintergrund, der Bass brummt nach Leibeskräften und ein einsames Sax setzt sporadisch ein. Das mag nicht besonders aufregend klingen, Aesop Rock allerdings bindet die Aufmerksamkeit der Hörer und präsentiert seine oft bunt zusammengewürfelten Gedanken, die immer einen gewissen Zynismus spüren lassen, der sich hier speziell auf einen wichtigen Aspekt in Aesops Zeilen richtet: New York. Mit Zeilen wie "Good morning my sweet vision of morbid disorder / And good evening wonderful riddance and such" oder "My days graze normalcy then morbidly crash / My years breathe honesty then sardonically laugh" zeichnet er sich selbst mitten im Großstadtdschungel. Die unmündige Lethargie der Einwohner bekommt in Blockheads großartigem "1000 Deaths" ein paar Worte spendiert, Omega One sorgt für "Sick Friend", ein kleines Meisterwerk, das sich bereits nach den ersten paar Bars von seinem Titel entfernt hat und mit ausgeprägtem Wortschatz durch Aesops Gedanken wandert. Unter seinen eigenen Produktionen finden sich zwar auch die zwei Schwachpunkte der LP (das Intro sowie das zu langweilige "Same Space"), dafür aber auch das langsam aufbauende "Blue In The Face" mit Lines wie "Your dream's a needle in a needle stack claiming safety pin physics" oder "My own father's son is the holy ghost, suck that theology" und der überragende Abschluss in Form von "Odessa", das sowohl von seinem mit Gitarren- und Flöten-Sample versehenen Beat als auch dem Zusammenspiel mit Dose One (der in "Hold The Cup" noch gesampelt wurde) lebt.

Zwar hat auch "Appleseed" noch nicht die Reife eines vollwertigen Projekts (was wie bei "Music For Earthworms" auch gar nicht die Intention war), Aesop klingt aber schon wesentlich fokussierter, die ganze EP hat Hand und Fuß, die Beats geben schon ein gutes Bild davon ab, was auf den folgenden Alben zu hören sein würde. Der Grund, warum schon diese EP weit über den großen Durchschnitt katapultiert wird, ist aber natürlich Aesop Rock, dessen Raps dank der kryptischen Zeilen so schnell nicht langweilig werden, der dank seines einzigartigen, hochwertigen Flows aber schon mit dem ersten Hörgang jedes Instrumental aufwertet. Das macht noch nicht alle Songs von "Appleseed" zu Volltreffern, eine empfehlenswerte (in CD-Form jedoch wahrscheinlich sehr teure) Anschaffung ist die EP aber auf jeden Fall.

7.0 / 10

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