Freitag, 21. September 2012

Bigg Jus - Plantation Rhymes


Release Date:
30. Oktober 2001
Label:
Sub Verse Music
Tracklist:
01. Tongue Sandwich
02. Heavenly Rivers Intro
03. Dedication 2 Pray
04. Gaffling Whips (You've Changed Remix)
05. Plantation Rhymes (Runaway Mix)
06. Dedication 2 Peo
07. The Story Entangles (Feat. Angel Donyel)
08. I Triceratops
09. Dedication 2 Peo (Instrumental)
10. Gaffling Whips (Instrumental)
11. Gaffling Whips (Original Dent Puller Version)
12. Lock Jaw (Feat. Gerk)
13. The Story Entangles (Instrumental)

Review:
Als einer der wenigen, die über die Graffiti-Szene ihren Weg ins HipHop-Geschäft finden, begibt es sich, dass Big Justoleum Lune TNS zu jener Zeit die folgenreiche Bekanntschaft mit El-P macht, die in den Neunzigern zum Company-Flow-Projekt mit all seinen Folgen führt. Dabei ist der New Yorker von Anfang an auch in eigene Projekte verstrickt, so hebt er '98 nach dem vorschnellen Ableben des vielversprechenden 3-2-1 Records zusammen mit Fiona Bloom und Peter Lupoff das Kult-Label Sub Verse als eines der Outlets für die gerade zahnende Untergrund-Szene aus der Taufe. Als Company Flow (nie als Langzeitgruppe geplant) dann schließlich unter dem Rummel, den der Debüt-Klassiker entfacht, zerbricht, wendet sich Jus seinem Label zu, veröffentlicht Alben diverser Künstler, arbeitet aber auch am eigenen Solo "Black Mamba Serums". Das soll 2001 droppen, wird aber aufgrund eines (durch 9/11 bedingten) Sinneswandels (Jus selbst sagt, er hatte böse Vorahnungen) vorerst auf Eis gelegt. Um den Fans dann aber doch irgendetwas zu geben, nimmt der inzwischen schon in Atlanta hausende Jus einige der Album-Tracks und schnürt aus ihnen die "Plantation Rhymes"-EP.
WRITTEN FOR Rap4Fame

 Denkt man an Company Flow zurück, so war eindeutig El-P derjenige, der im Vordergrund stand, der die Beats produzierte und der das Album dirigierte. Juss war das mit ausgefallenen Flows spittende Gegenstück, während er hier komplett auf eigenen Füßen zu stehen hat, da er nicht nur den Großteil aller Beats selber zimmert, sondern auch auf Unterstützung am Mic praktisch verzichtet. Doch keine Sorge, Jus hat alles im Griff und darüber hinaus sowohl am Mic als auch hinter den Boards Styles über Styles parat. Nicht von ungefähr kommt seine Aussage, dass seine Musik nicht mit anderer HipHop-Musik, die zeitgleich auf dem Markt zu finden ist, vergleichbar sei. Ganz so einzigartig ist "Plantation Rhymes" dann zwar nicht, verdammt gut es sie trotzdem, was wiederum daran liegt, dass Justoleum so eigenwillig an seine Songs herangeht. Mal ist das Tempo schleppend langsam, mal flowt Jus flink und behände, praktisch immer wird auf typische Konventionen - drei von Hook getrennte Verse - gepfiffen, stattdessen werden in einem Song mehrere Beats untergebracht, manchmal setzt der Beat gar komplett aus. Der Dirigent dieses kreativen Wahnsinns steht selbstsicher mit einem sehr vielschichtigen, teils eigenwilligen Flow im Geschehen und denkt nicht daran, den Hörer mit inhaltslosem Gelaber zu langweilen. Dank seines Writer-Hintergrunds finden sich (man erinnere sich an "Lune TNS") auch hier starke Prägungen seiner ersten HipHop-Leidenschaft, ganz generell bezieht er sich immer wieder auf die Wurzeln der Kultur. "Dedication 2 Pray" kombiniert schwermütige Streicher mit rapiden Rhymes, die vor allem der NY-Writer-Szene gewidmet, aber als Lehrsatz über alle Elemente konzipiert sind. Der Titeltrack ist in seinem vertretenen Mix ein Spiegelbild von Jus' Musik und pendelt zwischen drei Beats hin und her: ausgefallene Samples jagen sich und Style-Biter ("Plantation rhymes, cause most you emcees rhyme like slaves") werden gegrüßt. In dieses dichte Reim- und Klangerlebnis wird man allerdings schon in "Tongue Sandwich" geworfen, das einem mit seiner Art, gegensätzlich klingende Drums und Sounds zu einem schwer interessanten und letztendlich auch packenden Einstieg aufeinanderzujagen, in der Tat wenig Vergleichbares in den Sinn kommen lässt. Wen wundert's, wenn Jus in "Heavenly Rivers Intro" gleich weitermacht und nach harmonisch-ruhigen ersten 40 Sekunden harte Drums ansetzt, um nochmal die Style-Kopierer an die Wand zu stellen. Ähnlich experimentell ist das königlich betitelte "I Triceratops", "Dedication 2 Peo" dagegen lässt etwas fröhlichere Klänge und autobriographische Zeilen dominieren, während "Lock Jaw" als Gast-Song von Dregas eingängig-düster produziert und vom etwas belegt flowenden Gerk mit allerlei drohenden Raps glasiert wird. Eine letzte Überraschung schüttelt Jus aber noch aus dem Ärmel: "The Story Entangles" reißt den Hörer für einen Moment aus dem Geschehen der EP und induziert eine Seelenruhe, die man kaum für möglich gehalten hätte: Doch der Song, der den Hörer mit einem langsam herabperlenden Piano-Loop einwickelt und nur vom sachten, sinnlich-verlockenden Gesang von Angel Donyel bedeckt ist, übt eine bezaubernde Magie aus, bei der man es mehr als billigt, einige Minuten nichts von Jus zu hören.

Da "Plantation Rhymes" fast vollständig Teilmenge der originalen "Black Mamba Serums" ist, ist es natürlich nicht vollkommen einzigartig, doch was Bigg Jus allgemein im Zuge dieser Aufnahmen fabriziert hat, sucht in der Tat seinesgleichen. Nicht weil es so herausragend gut wäre, sondern schlichtweg weil Jus seinen ganz eigenen Stil entwickelt. Gut ist die Musik dabei natürlich trotzdem, an nicht wenigen Stellen sogar herausragend. Gleichsam ist sie etwas sperrig, öffnet sich nicht sofort und ist auch beim zigsten Mal nicht für jedermann. Als kleiner Leitfaden sollte gelten: Wer mit Company Flow etwas anfangen konnte, der kann es sich kaum leisten, nicht mindestens mal ein Ohr zu riskieren, denn Jus gehört zu den besten Künstlern, die die Underground-Szene um die Jahrtausendwende zu bieten hatte.

8.0 / 10

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