Dienstag, 20. Dezember 2011

J. Cole - Cole World: The Sideline Story


Release Date:
27. September 2011

Label:
Roc Nation / Columbia

Tracklist:
01. Intro
02. Dollar And A Dream III
03. Can't Get Enough (Feat. Trey Songz)
04. Lights Please
05. Interlude
06. Sideline Story
07. Mr. Nice Watch (Feat. Jay-Z)
08. Cole World
09. In The Morning (Feat. Drake)
10. Lost Ones
11. Nobody's Perfect (Feat. Missy Elliott)
12. Never Told
13. Rise And Shine
14. God's Gift
15. Breakdown
16. Work Out (Bonus)

Review:
Nicht nur ist J. Cole einer der Vertreter der "neuen" Generation, nun ist der erste bei Roc Nation gesignte Künstler auch Debütant auf dem ersten Platz der Charts. Der Weg dahin ist allerdings länger, als man vielleicht meint: Cole wächst in Fayetteville, NC auf, wo er früh das Talent zum Rappen entdeckt, aber auch passabel mit dem Basketball umgehen kann und sogar gut in der Schule ist. Zu dieser Zeit sind es die lokalen Größen Bomb Shelter, zu denen er aufschaut und die ihn in die (lokale) Rap-Welt eingliedern. Den geheimen Plan, HipHop-Star zu werden, weiter im Blick, geht Cole in New York aufs College, wo er sehr zu Freuden seiner alleinerziehenden Mutter einen guten Abschluss erreicht, durch emsige Bestreben aber auch seine Rap-Karriere, der sich mangels fähiger Partner im Umfeld auch eine Producer-Karriere anschließt, ins Rollen bringt. 2007 bis 2010 erscheinen drei gefeierte Mixtapes, von denen das zweite den vormals erfolglos kontaktierten Jay-Z hellhörig macht, weswegen mit "Cole World: The Sideline Story" schließlich ein Major-Debüt folgt.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Auf J. Cole und seinem Debüt lasten viele Erwartungen. Nicht nur, weil seine Mixtapes die Messlatte recht hoch gelegt haben, sondern auch aufgrund der vielen Lager, die an Cole Erwartungen stellen - einerseits ist er einer aus der Newcomer-Garde, von der erwartet wird, HipHop im Jahr 2011 salonfähig und vor allem hip zu halten, zum anderen ist er für die alteingesessenen Hörer jemand, der den Geist vom leichteren 90er-Rap richtig zu übersetzen weiß und dem im Kreise dieser neuen Generation die richtige Einstellung und Herangehensweise attestiert wird: starke Beats und Rap, der inhaltlich über das alltägliche Radioeinerlei hinausgeht. Noch verwunderlicher ist, dass J. Cole diesen Spagat auf die Reihe bekommt: Insgesamt zeigt das Album einen jungen MC, der über sein Leben und seine Tätigkeit spricht, doch nicht selten packt Cole interessante und geistreiche Geschichten aus. Hinzu kommt, dass er den Großteil seiner Tracks (vier ausgenommen) selbst produziert und dieses Handwerk inzwischen mehr als passabel beherrscht. "Rise And Shine" etwa ist ein wahres Sahnestück, baut mit Bläsern Spannung auf, packt einen Chor in den Hintergrund und sorgt mit Marschtrommeln während der Verse für zusätzliche Abwechslung, die ein heiß laufender J. Cole für sich zu nutzen weiß. Trotzdem ist er auf den ersten Blick keine besonders charismatische Erscheinung am Mic, was an einer austauschbaren Stimme und einem guten, wenngleich nicht außergewöhnlichen Flow liegt - die Magie liegt hier sowieso im Ganzen. Wie Cole die Brücke von "Can't Get Enough", der radiofreundlichen, mit karibischer Entspanntheit überzuckerten Single, zu "Lights Please" schlägt, das zwar schon in fast identischer Form auf "Warm Up" zu hören war, hier aber bestens ins Bild passt und dem zu erwartenden Exkurs übers Bettgeflüster eine tiefere und pfiffige Komponente beimischt, verdient Anerkennung. Generell sollte man bei Cole keine Inventur des jüngst angehäuften Reichtums erwarten, wenngleich "Mr. Nice Watch" in diese Richtung geht - und auch prompt zu den schwächeren Tracks zählt, denn der plastisch anmutende Uptempo-Beat steht Cole nicht optimal, während man auch den Jigga lieber auf einem anderen Track gehört hätte, in etwa auf dem eigentlich mit einem Gastvers von ihm vorgesehenen "God's Gift", das dank seines Samples eine großartige, intensive Stimmung erhält, was Cole dazu nutzt, seinen Aufstieg zu dokumentieren ("Jigga wouldn't even take my CD when he seen me / Two years later bitch we made it on, on to the Blueprint / Now how's that for persistence?"). Eingespielte Instrumente treten in Form von Piano im "Interlude" (das von dem Tag, als Cole's von seinem Signing erfährt, erzählt) als auch im gelungenen "Intro" zu Tage, während "Dollar And A Dream III" den Intro-Charakter (zum Preis eines der weniger guten Songs der LP) weiterspinnt. Echtes Bettgeflüster gibt es übrigens im soliden, nachträglich mit Drake versehenen "In The Morning", während "Lost Ones" als direkte Folgerung darauf angesehen werden darf, eine Teenager-Schwangerschaft aus Sicht von Ihm und Ihr ausdiskutiert und das Thema ausführlich und authentisch behandelt. Danach folgt eine Missy Elliott, die mehr nach Lloyd klingt, das von Mentor No I.D. geschusterte "Never Told" (der Titel fasst ein weiteres, clever konstruiertes Geschichtenkonstrukt über Seitensprünge zusammen) sowie "Breakdown", das als anrührende Nummer die Beziehung zum Vater, die Drogenabhängigkeit der Mutter (weswegen Cole übrigens die typischen Dealer-Rhymes geringschätzt) sowie eine letzte Geschichte aneinanderreiht und als perfekter Abschluss für das Album dient.

J. Cole hat das Glück, nicht zehn Jahre früher geboren zu sein, denn im Jahr 2011 kann ein (relativ) bescheidener Rapper, der zwar Gangster-Freunde kennt, selbst mit solchen Geschichten aber nichts am Hut hat, überhaupt erst in dieser Form bestehen. Alles andere bringt Cole selbst mit: Talent, Ehrgeiz, Connections und musikalisches Gespür. Das Resultat ist ein Album, das gleichzeitig kommerziell erfolgreich sein kann, dafür aber nicht einmal seinen Albumcharakter opfern muss. Klar hat die "Sideline Story" seine schwächeren Momente, doch der rote Faden reißt nie ab und an Highlights mangelt es definitiv nicht. Dass J. Cole diese beiden Eigenschaften vereint, ist eine kleine Sensation, die "Cole World" zu einem guten, beinahe sehr guten Album macht. Bleibt zu hoffen, dass Jermaine diesen vielversprechenden Weg weitergeht. 

6.8 / 10

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