Donnerstag, 17. November 2011

Canibus - Can-I-Bus


Release Date:
08. September 1998

Label:
Universal Records

Tracklist:
01. Intro
02. Patriots (Feat. Pras & Free)
03. Get Retarded
04. Niggonometry
05. Second Round K.O.
06. What's Going On?
07. I Honor U
08. Hype-nitis
09. How We Roll (Feat. Panama P.I.)
10. Channel Zero
11. Let's Ride
12. Buckingham Palace
13. Rip Rock

Review:
Heutzutage werden die Anfänge von Canibus gerne absichtlich vergessen, doch vor Release dieses Albums erfuhr der Mann einen echten Hype. Seine Geschichte beginnt irgendwo in den frühen Neunzigern, als der in Jamaica geborene Emcee, der dank des Jobs seiner Mutter in mehreren Städten der Staaten gewohnt hat, in Atlanta mit einem gewissen Webb als Duo T.H.E.M. die lokalen Battle-Events unsicher macht und unter anderem vor einem dortigen Club nach einem Battle mit einigen Wu-Mitgliedern ordentlich Respekt einfahren kann. Nach seinem Debütauftritt bei den Lost Boyz kann Canibus mit jedem weiteren Gastauftritt (der bekannteste führt zum allseits bekannten, überdimensional aufgebauschten Beef mit LL Cool J) mehr öffentliches Interesse wecken, es folgt ein Major-Deal und 1998 dann "Can-I-Bus".

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Hand in Hand mit dem Erstling gehen Wyclef Jean und das Refugee Camp, denn der von Bis extrem beeindruckte Wyclef nimmt den Jungspund schon 1996 unter seine Fittiche. So begibt es sich, dass Wyclef (u.a. zusammen mit seinem Cousin Jerry Wonder) den Großteil der LP produziert. Da man Canibus seit jeher als furiosen Spitter mit messerscharfen Battle-Lines kennt, stellt sich schon von vornherein die Frage, ob dies eine gute Entscheidung war - war es nicht wirklich, wie sich im Verlauf des Albums dann herausstellt. Vielleicht liegt es an Vorgaben des Labels, vielleicht hat Canibus zu Zeiten der Aufnahmen einfach ein schlechtes Ohr für Beats (ein chronisches Problem, wie sich bekanntermaßen später herausstellen sollte), in jedem Fall sollte es niemanden wundern, warum "Can-I-Bus" von Kritikern kollektiv mit Ablehnung begrüßt wurde. Wer Canibus spitten hört, der wünscht dem Mann einen instrumentalen Untersatz, der roh und ungeschlacht wie der New Yorker Sound der Mitt- und Spätneunziger angerichtet ist und der somit ein Gegengewicht zur unbestreitbaren Präsenz bildet, die 'Bis am Mikro ausbreitet. Es gibt auf dem Album auch durchaus Momente, die genau das erreichen, "What's Going On?" beispielsweise ist der vielleicht edelste Moment, wenn Bobby Womack im Hintergrund die titelgebende Frage zum himmlischen Geräusch von Vinyl-Kratzen auf einem schnörkellos berauschenden Beat stellt und Canibus sich über die übertriebene Gewalt wundert, die selbst auf HipHop-Events Einzug hält. Nicht nur auf diesem Track fällt auf, dass Canibus seine Battle-Raps nicht selten beiseite packt, um diverse andere Themen zur Sprache zu bringen. Leider spielen dabei aber nicht alle Tracks auf diesem Niveau, als einer der schlimmsten Fehltritte montiert "I Honor U" eine nicht unbedingt schlechte, aber ungemein unpassende R'n'B-Hook über ein maues Instrumental, während Canibus teils autobiographische Lines aus ungewohnten Perspektiven (u.a. als Fötus und Sperma-Zelle) stapelt. Zu den Battle-lastigen Tracks gehören das eröffnende "Patriots" (dem übrigens ein grauenhaftes "Intro" mit Canibus als Super-Hacker vorausgeht) und auch "How We Roll", das wesentlich mehr Fahrt aufnimmt. Auf Albumlänge kann sich ein hohes Tempo aber nie festsetzen, da regelmäßig schwache Nummern den Flow stören - vor allem im hinteren Teil: Was mit "Channel Zero" (Volksaufklärung über amüsante Verschwörungstheorien) bezweckt werden soll, bleibt ein Rätsel. Hörenswert dagegen ist das simple und rohe Battle-Fest "Buckingham Palace" (sofern man die Hook verzeiht) und natürlich die Breitseite gegen LL, bei der sogar Mike Tyson's einminütiges Intro nicht groß stört - "Second Round K.O." ist stark produziert und fährt einige harte Bars auf, wenngleich es bessere Diss-Tracks gibt. "Niggonometry" überzeugt mit Beat und den Raps, in denen sich Canibus u.a. kritisch mit dem Verhalten seiner Rasse beschäftigt ("If you signed a recording deal for less than a quarter mill, and your advance is a 100.000 dollar automobile / I know the vehicle was probably beautiful, but did you ask your lawyer if it was recoupable?"), "Get Retarted" spielt in ähnlicher Liga (thematisiert wird der Qualitätsverfall im HipHop), dem gegenüber stehen das überflüssige "Let's Ride" und das leicht beschissene "Rip Rock", das die "Streets Of Cairo"-Melodie als trashigen Crossover-Versuch inzeniert.

Gemessen an den hohen Erwartungen, die an Canibus gestellt wurden, ist sein Debüt ohne jeden Zweifel eine Enttäuschung. Der absolute Schund, als der die Scheibe mancherorts gebrandmarkt wird, ist es aber auch nicht. Vor allem Canibus wartet am Mic mit einer gesunden Mischung aus gut konzipierten Tracks und Battle-Raps (wenngleich er von Letzteren schon bessere gespuckt hat) auf, sobald also die Instrumentals halbwegs mitspielen läuft der Laden. Damit hätte man insgesamt sogar noch ein recht positives Fazit ziehen können, doch ein weiterer Kritikpunkt ist die fehlende Geschlossenheit, denn als Ganzes steht "Can-I-Bus" nicht sonderlich stark dar - selbst die gelungenen Tracks passen nicht alle so wirklich zusammen. Dank einiger Top-Momente verdient sich ein hungriger Canibus trotzdem noch seine drei Kronen, eine besonders glorreiche Figur macht er dabei allerdings nicht.

5.7 / 10

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