Sonntag, 9. Oktober 2011

Lil Wayne - Tha Carter IV


Release Date:
29. August 2011

Label:
Cash Money Records / Young Money / Universal Republic

Tracklist:
01. Intro
02. Blunt Blowin'
03. Megaman
04. 6 Foot 7 Foot (Feat. Cory Gunz)
05. Nightmares Of The Bottom
06. She Will (Feat. Drake)
07. How To Hate (Feat. T-Pain)
08. Interlude (Feat. Tech N9ne & André 3000)
09. John (Feat. Rick Ross)
10. Abortion
11. So Special (Feat. John Legend)
12. How To Love
13. President Carter
14. Its Good (Feat. Jadakiss & Drake)
15. Outro (Feat. Bun B, Nas, Shyne & Busta Rhymes)

Review:
Man weiß gar nicht so recht, was man hier noch schreiben soll, denn vor dem am Ende des Jahres wahrscheinlich meistverkauften Rap-Album gibt es momentan sowieso kein entkommen - ein Album dieses Ausmaßes wurde schon vorab so breitgetreten und von allen Ecken beleuchtet, dass man sich gleich darauf beschränken kann, die wichtigen Fakten zu nennen: Nachdem Lil Wayne nach "Tha Carter III" endlich im Königshaus der gut betuchten Rap-Exzentriker und -Verrückten angekommen ist, schafft der Gnom aus New Orleans es, mit Drake und Nicki Minaj (inzwischen beide Selbstläufer) sogar zwei seiner Lakaien den Weg in die Welt der Stars zu ebnen. Es folgen ein grauenhafter Ausflug in die Rockwelt ("Rebirth"), acht Monate im Knast und ein währenddessen releastes, überbrückendes Album, bis nach Freilassung die Aufnahmen für "Tha Carter IV" von Grund auf neu beginnen.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Rein zufällig setzt "Tha Carter IV" nicht nur eine knappe Million Einheiten in der ersten Woche ab, es lasten auch ähnlich hohe Erwartungen auf der Platte, denen Wayne mit einer dicken Gästeliste im Gepäck (anstatt die ganze Young-Money-Bande loszulassen) entgegentritt. Dazu kommen viele unbekannte und wenige bekanntere Producer, von denen - so viel sei jetzt schon gesagt - keiner wirklich hervorsticht. Die einzige Ausnahme hiervon mag Bangladesh sein (der sich nach kurzweiligen Beschwerden über die Zahlungen zu "A Milli" inzwischen wieder mit Wayne versteht), der die ein halbes Jahr alte, insgesamt gelungene Single "6 Foot 7 Foot" schustert, die wieder schön eingängig durch die Hörgänge rummst und einen krächzenden Weezy in seinem arroganten Element zeigt. Ohne Frage sind Songs dieses Schlags mit diversen Einzeilern sehr unterhaltsam, doch schon hier zeigt Weezy ab und an schwache Lines ("I think you stand under me if you don't understand me", in diesem Fall einfach ein alter Hut). Das wird schnell zum Problem, denn es zeigt sich, dass Weezy ausschließlich das thematisiert, was ihn in seinem Leben tangiert (der Knastaufenthalt kommt dabei noch recht kurz), in erster Linie also sein Leben als Superstar, seinen Reichtum und die für ihn feststehende Geistes- und Skillgröße. Das ist von Zeit zu Zeit in Ordnung, wird aber schnell ermüdend eintönig, zumal Wayne teilweise etwas einfallslos klingt - wer in letzter Zeit auf gefühlten 1000 Hochzeiten tanzte, bei dem verwundert das nicht. Tracks wie "Megaman" sind zu allem Überfluss auch noch alles andere als stimmlich unanstrengend. Die LP besteht also aus Tracks, in denen Wayne sich selbst feiert sowie einigen wenigen, in denen er gerne ein anderes Thema ansprechen würde, es aber nicht auf die Reihe bringt: Sollte "Nightmares Of The Bottom" seine Kittchen-Episode abhandeln? Was hat "Abortion" ("When life sucks I just enjoy the head") mit seinem Titel zu tun? Wie passen Wayne's übliche, Frauen objektisierende Proleten-Raps auf ein düsteres Streicher-Gerüst wie "She Will"? Damit hören die Sternstunden der Platte aber noch nicht auf: Zementiert in die fast durchgehend durchschnittliche Produktion, die nicht nach mehr als einem unkreativen Querschnitt dessen klingt, was aktuell angesagt ist, versucht etwa ein John Legend, in "So Special" mit feinem Gesang (aber schlüpfrigem Text), ein wenig Charakter beizusteuern, hat damit aber ähnlich wenig Erfolg wie Officer Ross im gähnend langweiligen "John". Vollkommen mit sich selbst beschäftigt ist das unschön produzierte "Blunt Blowin'", in dem man sich anhören darf, wie toll Lil Weezy genau ist. Ein ähnliches Thema pachtet auch "President Carter", nur hier stimmt der Beat und auch Lil Tunechi liefert mit einer beherrschten, ruhigeren Performance einen der besten Momente der LP. Im Gegenzug marschieren "How To Hate" und "How To Love" auf, Ersteres mit grauenhaft exzessivem Auto-Tune (während Weezy tatsächlich halbwegs fokussiert über eine Ex-Freundin spricht), Zweiteres als der bittere Tiefpunkt des Albums, eine radiofreundliche Schnulzen-Single mit haarsträubendem Gesang über irgendeine schon mehrmals (gefühlsmäßig) verletzte Dame. Wie das ins Weltbild des Lil Wayne passt, der auf fast allen anderen Tracks die Ladies um weniger Unterleibsbekleidung bittet, weiß nur der Marsianer selbst. Ein Ende hat der Spaß damit aber noch nicht, es fehlt noch "It's Good" mit einem unpassenden Jada und zärtlichen, unheimlich aufgebauschten Zeilen gegen Jay-Z ("Talkin' bout baby money? I got your baby money / Kidnap your bitch, get that "how much you love your lady"-money") sowie "Intro", "Interlude" und "Outro", allesamt mit demselben Beat, der von Willy Will mit Snaps, Kick und Hörnern solide verkleistert wurde und der Weezy selbst nur im "Intro" beheimatet. Ironischerweise machen André 3000 und vor allem der alles überstrahlende Tech N9ne den besten Track der Platte aus, dem das "Outro" (leider mit einem aus der Versenkung ausgegrabenen, unglaublich beschissen japsenden Shyne) folgt.

Egal ob man Weezy nun mag, nicht mag oder ihm gleichgültig gegenübersteht - die Ausbeute von "C4" ist mager. "Megaman" und "6 Foot 7 Foot" taugen als dick aufgetragene Feier-Songs, der Rest geht fast komplett in Disharmonie mit Wayne's kindlicher Art unter. Abgesehen von den zwei besten Songs natürlich, auf denen der Herr gar nicht vertreten ist. Die restlichen Produktionen sind zumeist herzlich uninspiriert und eines selbstgekrönten größten Rappers aller Zeiten nie und nimmer würdig, doch schließlich ist der Gastgeber ebenfalls nicht in Bestform und sehr wiederholend. Der Großteil von "Tha Carter IV" ist eine austauschbare Kollektion von anderswo in besserer Ausführung Gehörtem, dem der charismatische Zwerg aus New Orleans nicht das gewisse Etwas mit auf den Weg geben kann.

3.6 / 10

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