Montag, 8. August 2011

Capital D & The Molemen - Writer's Block


Release Date:
20. August 2002

Label:
Molemen / All Natural Inc.

Tracklist:
01. Intro
02. Writer's Block Pt. II
03. Young Girl Lost
04. Paper Chase
05. Midnight
06. Mrs. Manley
07. Du'a (The Deen's List)
08. Crossfire
09. Currency Exchange
10. Final Judgment
11. Cause & Effect
12. Du'a (Stevie Wonder)
13. Mass Transit
14. Bonus Track 1 & 2

Review:
Capital D's Solokarriere wäre beinahe gar nicht zustandegekommen, denn irgendwann nachdem er 2001 mit Tone B. Nimble als All Natural das zweite gemiensame Album veröffentlicht hat, kommt der Moslem mit seinem Glauben in Konflikt und begräbt seine Musikkarriere kurzzeitig vollkommen. Doch der Chicago-Emcee kommt glücklicherweise zu der Entscheidung, dass gehaltvolle Musik für ihn legitim ist. Nachdem er von den Molemen einen Packen Beats vorgelegt bekommt, ergreift ihn seine Liebe zum Schreiben und er entwirft einen Longplayer, der auf einer All-Nat-12" aus dem Jahr 1997 aufbaut: "Writer's Block", das sich als fertiges "The Movie"-Produkt schließlich Konzeptalbum nennt.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Dieses Album sieht nicht nur aus wie Chicago von seiner Schokoladenseite, es ist genau das. Die Molemen, die gerade ein emsiges Jahr 2001 (u.a. mit "Ritual Of The Molemen") hinter sich haben, gehören zu den angesagtesten Produzenten der Stadt und Cap D selbst hat jüngst mit All Nat wieder bewiesen, wie fähig er ist. Da wird sich niemand beschweren, wenn Memo, PNS, Panik und Cap die Beats recht gleichmäßig untereinander aufteilen. Am Mic selbst steht Cap von Anfang bis Ende ganz alleine, was bei dem einen oder anderen vielleicht Bedenken hervorruft, denn man muss seinen tiefmonotonen Flow schon mögen, um mit ihm glücklich zu werden. Wenn das der Fall ist, dann steht dem Genuss eines schön konzipierten Albums nichts mehr im Weg. Im Gegensatz zu "Prince Among Thieves" oder ähnlichen Scheiben verfolgt Capital D keinen linearen Handlungsstrang, er nimmt die Rolle des beobachtenden Erzählers ein, der in den schon im 1997er Track im Mittelpunkt stehenden Writer's Block (es geht hier also keineswegs um Schreibblockade) zieht und von den dort hausenden Charakteren und ihren Geschichten berichtet - das Ergebnis sind ein Haufen Skizzen, die sich mal überschneiden und mal für sich alleine stehen. Die Produktionen klingen dabei wie aus einem Guss und orientieren sich an klassischen ostküstlichen Werten, vor allem hinsichtlich der Abwesenheit jeglichen Schnickschnacks. Der Gesamtton ist dabei sehr ernst, also das perfekte Setting für Capital's Raps. Den Anfang macht nach einem "Intro", in dem der Hörer von Cap's Umzug und der unwirtlichen Lage in seinem neuen Zuhause erfährt, Panik's "Writer's Block Pt. II", erneut eine lose aneinandergewobene Skizze vieler Namen aus Cap's Wahrnehmungsumfeld, von der kurzzeitigen Mitbewohnerin Tracy bis zur "neighborhood squad" um Big Lou. Es folgen die genaueren Portraits, die immer gut, aber manchmal auch richtig überragend produziert sind: "Mass Transit" ist gerade wegen seines andächtig-langsamen PNS-Beats voll und ganz All-Natural-Stoff und rahmt Cap's Flow dabei selten gut ein, "Mrs. Manley" dagegen ist eine ganz spezielle Nummer, die lediglich aus dünnen Drums und einem melancholischen Piano-Loop besteht, was die Geschichte über die nette Oma von nebenan (und Ersatzmutter für Cap) und ihren Krebstod ergreifend in Szene setzt. Den Jackpot räumt trotzdem "Crossfire" ab, ein Meisterwerk eines Songs, für das Panik dezente Bläser und Streicher zu einem Sahne-Beat schnürt, den Cap für eine kleine Anekdote über das immerwährende Spiel auf der Straße nutzt, das er auf einem Spaziergang im Park miterlebt, als ihm der Tunichtgut Jay (aus Lou's Gefolgschaft) begegnet ("He had a little story he was try'nna relate / I wasn't interested, told him 'Chill, I'm straight' / I know it'd be a tale 'bout what he did last night / Bout some drinkin' and a girl and some weed and a fight / It's always the same, only the days ever change / Forever try'nna scuffle, he's a magnet for trouble") und prompt Ärger im Gepackt hat. Abgerundet wird der Track durch den wiederkehrenden eröffnenden Vers, den Cap zum finalen Fade als perfektes Stilmittel einsetzt. Noch konkretere Street-Tales gibt es auf "Paper Chase" und dem mit Basketball-Metaphern versehenen "Currency Exchange". Ersterer Song endet mit einer lebenslänglichen Haftstrafe für Lou (zu der man ihn in "The Deen's List" besucht), davor ist der typische Hoodlum allerdings noch in die tragische Geschichte um Eliza, das "Young Girl Lost", verwickelt. Im zweiten "Du'a"-Gebet schließlich wartet noch ein kleines aber feines Instrumental auf den Hörer, während "Final Judgement" philosophische Ansätze zeigt.

Was Capital D auf seinem ersten Solo vollbringt ist ein Konzeptalbum der besonderen Art: Selten hielt ein Album so gut zusammen, obwohl es keine direkte Handlung verfolgt. Doch die Skizze des eigenen Blocks gelingt, man fühlt sich, nur geleitet von Cap's monoton-dunklem Organ, wie in einem Film, in dem sich Kurzstreifen über einzelne Schicksale, die wiederum unter anderem durch wiederkehrende Neben- und Hauptdarsteller verknüpft sind, aneinanderreihen: All das erzählt David Kelly mit einer erwachsenen Nüchternheit, die mancher eintönig schimpfen mag, die die Intensität der einzelnen Geschichten jedoch ungemein steigert. Als weiterer Bonus kommen die Produktionen hinzu, die durchwegs mindestens gut sind und an einigen Stellen ganz groß aufspielen. Damit ist "Writer's Block" sowohl für Anhänger des Chi-Untergrunds als auch für strikte Eastcoast-Heads ein Sureshot.

8.1 / 10

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