Sonntag, 22. Mai 2011

Prodigy - H.N.I.C.

Release Date:
14. November 2000

Label:
Loud Records

Tracklist:
01. Bars & Hooks (Intro)
02. Genesis
03. Drive Thru (Skit)
04. Rock Dat Shit
05. What U Rep (Feat. N.O.R.E.)
06. Keep It Thoro
07. Can't Complain (Feat. Twin Gambino & Chinky)
08. Infamous Minded (Feat. Big Noyd)
09. Wanna Be Thugs (Feat. Havoc)
10. Three (Feat. Cormega)
11. Delt W/ The Bullshit (Feat. Havoc)
12. Trials Of Love (Feat. B.K. a.k.a. Mz. Bars)
13. H.N.I.C.
14. Be Cool (Skit)
15. Veteran's Memorial
16. Do It (Feat. Mike Delorean)
17. Littles (Skit)
18. Y.B.E. (Feat. B.G.)
19. Diamond (Feat. Bars & Hooks)
20. Gun Play (Feat. Big Noyd)
21. You Can Never Feel My Pain
22. H.N.I.C. (Outro)

Review:
Zu Beginn des neuen Jahrtausends sind Mobb Deep wahrhaftig nicht mehr in einer Position, in der sie irgendjemandem irgendetwas beweisen müssen. Vier Alben hat man auf dem Konto stehen, drei davon gelten als definitive Bereicherung für die Szene, alles in allem gehört man zu den Großen der Ostküste. Mit dem neuen Jahrtausend erhebt sich zwar auch eine neue Generation von Rappern, doch wen stört das schon. Prodigy hat trotzdem nicht vor, sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen und betritt bisher unerkundetes Terrain: seine Solokarriere. Dass zu jener Zeit Gerüchte um eine Auflösung von Mobb Deep kursieren, stört den "Head Nigga In Charge" - kurz "H.N.I.C." - nicht, Partner Havoc taucht schließlich auch als Gast auf.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Irgendwo muss man sich natürlich die Frage stellen, was genau die Motivation hinter der LP ist. Die Freiheit, mit anderen Produzenten zu arbeiten? Vielleicht will Prodigy, nachdem an "Murda Muzik" teilweise schon Kritik geübt wurde, das Heft alleine in die Hand nehmen - allerdings eine eher unwahrscheinliche und auch kaum zutreffende Theorie. Eine genaue Antwort gibt es nicht, die momentane Gefragtheit von Mobb Deep und damit die Aussicht auf gute Absätze wird jedoch sicherlich ein Faktor gewesen sein. Die nächste Frage ist also, wer Havoc's Aufgabe übernimmt. Ein Blick in die Producer-Liste fördert Namen wie Alchemist, Rockwilder, Ric Rude, Just Blaze und - neben Havoc selbst - noch einige andere zu Tage. Und während der sich der Hörerschaft präsentierende Prodigy ab und an immer noch die Klasse seiner besten Tage durchscheinen lässt, ist es schwer erklärlich, wieso Bars & Hooks, die Handtuchhalter im Infamous-Bandenlager, durchs "Intro" gurken dürfen. So wirklich in die Gänge kommt das Album mit den ersten Tracks sowieso nicht, stattdessen zeigen sich die ersten Probleme, mit denen Prodigy zu kämpfen hat: Von Mobb Deep ist man eine dichte Atmosphäre, kohärente Beats und gut konzipierte LPs gewohnt, hier drücken sich unnötige Skits, ein das Album zu lahm einläutendes "Genesis" und ein nicht mit dem Instrumental von "What U Rep" (das Prodigy dank seiner Connections zu Benzino abgreifen kann) zurechtkommender Noreaga die Klinke in die Hand. Erst Onkel Alchemist richtet die Dinge wieder ins rechte Licht und entpuppt sich im Verlauf der LP als der stille Held, da seine vier Beiträge allesamt Highlights markieren. Klassifizieren lässt sich das zwar nicht mehr als der klassische IMD-Sound, sondern vielmehr als der Übergangs-Sound um die Jahrtausendwende, doch im Gegensatz zu anderen Tracks der LP darf sich darüber niemand beschweren - "Keep It Thoro" mag etwas softer aussehen, erstklassige Unterhaltung bietet es trotzdem. Seinen Hass entladen darf man etwa bei "Littles'" schlechtem Skit-Auftritt oder bei "Y.B.E.", das vollkommen aus der Reihe tanzt bzw. bounct. Auch Havoc's zwei Beiträge ("Delt W/ The Bullshit" sowie das erzwungen klingende "Wanna Be Thugs") wirken nicht gerade inspiriert. In solchen Tracks tritt dann auch noch der müde Prodigy, den man in den folgenden Jahren noch besser kennenlernen würde, hervor. Also zurück zum genießbareren Material: Alchemist's "Three" ist "Murda Muzik"-Stuff und mit Cormega außerdem (ausnahmsweise) hervorragend besetzt. Klassiker-Material mit lächerlichen zwei Minuten, da bleibt kein Verständnis für Nonsens wie "Infamous Minded". Was genau Prodigy zu diesem Track geritten hat, wissen die Götter, an fähigen Produzenten kann es kaum gemangelt haben, ein EZ Elpee springt mit dem schönen Titeltrack als Gegenbeispiel ein, und notfalls zeigt Prodigy im selbstproduzierten "Can't Complain" sogar höchstpersönlich, wie QB-Sound zu klingen hat. Es bleiben noch zwei weitere ALC-Lichtblicke, das Beziehungsgespräche führende "Trials Of Love" sowie das den verstorbenen Homies (u.a. Killa Black) gewidmete "Veteran's Memorial", zu erwähnen, bis man sich der Schlussphase zuwenden kann: Hier wird erfreulicherweise nochmal aufgedreht, in "Diamond" überzeugt sogar das Fußvolk, während Noyd und P sich für "Gun Play" auf das konzentrieren, was sie am besten können. "You Can Never Feel My Pain" ist ein sehr nachdenklicher Abschluss, gibt sich aber nicht die geringste Blöße:

"In and out of crisis, since before I could walk
It gave me strenght though, nowadays I hardly talk
It made me cold-hearted, anti, I won't play sports
I barely joke or play games, take it how you want
"



Prodigy hinterlässt seinen Hörern ein Album, das gemischte Gefühle hervorruft und in erster Linie wohl enttäuschend sein mag. Auch bei genauer Analyse ist es alles andere als eine Freude, dass die Möglichkeit eines erstklassigen Longplayers durch falsche Gäste, unnötig viele Tracks bzw. Skits sowie durch einige vollkommen fehlgeleitete Instrumentals verbaut wurde. Wenn man dann nochmal nüchtern Bilanz zieht, wird auffallen, dass die Mehrheit der Tracks sogar als gelungen zu betrachten ist. Das gegenteilige Gefühl vermittelt lediglich ein fehlender roter Faden, verschuldet durch besagte Unzulänglichkeiten. Der "H.N.I.C." ist Prodigy mit seinem Debüt nicht mehr, ein ordentliches Album, das sich über dem guten Durchschnitt platziert, hat er trotzdem zustandegebracht.

6.8 / 10

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