Sonntag, 22. Mai 2011

Atmosphere - The Family Sign


Release Date:
12. April 2011

Label:
Rhymesayers Entertainment

Tracklist:
01. My Key
02. The Last To Say
03. Became
04. Just For Show
05. She's Enough
06. Bad Bad Daddy
07. Millenium Dodo
08. Who I'll Never Be
09. I Don't Need Brighter Days
10. Ain't Nobody
11. Your Name Here
12. If You Can Save Me Now
13. Something So
14. My Notes

Review:
Undankbarerweise war das letzte Album von Atmosphere sowohl bei Kritikern als auch kommerziell ein einschlagender Erfolg: Spitzennoten regnete es zuhauf und dann war "When Life Gives You Lemons, You Paint That Shit Gold" auch noch das am höchsten chartende Album in der Rhymesayers-Geschichte - dafür einen entsprechenden Nachfolger zu schustern, ist keine leichte Aufgabe. Wie üblich wurde die Zwischenzeit erst einmal mit EPs u.Ä. verlebt, und da in der Regel sowieso jeglicher Output der Gruppe gefeiert wird und Slug und Ant wirklich niemandem mehr etwas beweisen müssen, hielten sich die Emotionsausbrüche bei der Ankündigung eines neuen Albums in Grenzen - man nahm "The Family Sign" schon vorab als weiteres Qualitätsprodukt im gedeihenden Katalog des Duos hin.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Das "Family Sign" ist der Zeitpunkt, an dem einen das Leben in vorbestimmte Bahnen lenkt, wenn man zu alt für die jugendliche Keinenfickgeben-Attitüde ist und realisiert, was wichtig ist - unter anderem eben Familie. Diesen Zeitpunkt hat Slug mit seinen 38 Jahren wohl überschritten, weshalb das neue Album ernster ausfallen will. Damit hat man schon eine grobe Idee, wohin die Reise geht, denn solche Töne sind von Slug absolut nichts Neues, auch die angestrebten Thematiken, die Beziehungen und Probleme im familiären Bereich anpeilen, sind kein Neuland. Wirklich neu ist an dieser LP sowieso nichts, lediglich einige Modifikationen gibt es zu vermelden: Ant führt natürlich immer noch den Dirigentenstab, für die vielfach eingesetzten Live-Instrumente wurden Nate Collis (Gitarre) und Erick Anderson (Keyboard) engagiert, Slug füllt seine 50 Minuten am Mikro selbst, lässt dabei aber das Augenzwinkern, mit dem immer einige Tracks behandelt wurden, weg. Das ganze Album ist eine nachdenkliche Tour, fast durchgehend im gleichen Ton gehalten und mit einem Instrumentalteppich, der nach einem für Ant eher ungewöhnlichen Wort schreit: langweilig. So sehr Atmosphere einen Teil der Vergötterung, der ihnen mancherorts entgegenschlägt, auch verdient haben, dieses Album gähnt sich streckenweise durch seine Songs. Fort sind die flotten Elemente, die verschrobenen Ideen, die ihrerzeit ein wenig Zeit brauchten, bis man sie zu schätzen wusste. Slug sagte, dieses Album sei erwachsener und kündigt es damit indirekt schon an: Atmosphere sind diesen Weg des Reiferwerdens konsequent weitergegangen, nur um jetzt in Einfallslosigkeit zu stagnieren. Bei "My Key" kommt gar keine Lust auf, das Album weiterzuhören. Die folgenden Tracks sind dann zwar (natürlich) nicht schlecht, doch für Atmosphere-Standards nichts Erbauendes. Slug kämpft hart damit, nicht selbst gelangweilt zu klingen, Piano und Gitarre klingen zwar immer schön harmonisch, aber meistens auch doppelt so harmlos. Da helfen selbst die netten Geschichten nicht, die an einigen Stellen sowieso etwas abgegrast anmuten - Tracks wie "Who I'll Never Be" sind effektiver als Schlaftabletten. Zu allem Überfluss finden sich dann noch "She's Enough" und "Just For Show", deren Hooks nicht begeistern und die selbst inhaltlich nicht viel hergeben. "Bad Bad Daddy" soll in die Rolle der Songtitel-Figur schlüpfen und driftet dabei schlicht ins Lächerliche ab. Geistig verwandt dazu ist das weinerliche "The Last To Say", das den prügelnden Vater zumindest etwas seriöser darstellt. Seine besseren Momente hat die LP dann aber trotzdem: In "Ain't Nobody" befreit man sich kurzzeitig aus der Lethargie, "Became" fesselt mit erstklassigem Storytelling und offenem Ende und lässt sogar die instrumentale Belanglosigkeit gut klingen, ähnlich ergeht es mit "Your Name Here" dem Wiedertreffen mit einer Verflossenen. Ein letztes Plädoyer für die eigentliche Klasse dieser Gruppe wird mit dem schönen Piano-Untersatz in "My Notes" gesetzt, auf dem Slug dann auch gleich viel lebendiger klingt.

Dieses Album sieht sich mit einem riesigen Haufen Kritik konfrontiert, der deshalb so groß ist, da es sich um Atmosphere handelt, Kritikerlieblinge wie sie im Buche stehen. Nach zigfachem Auseinandersetzen mit der LP stellt man zwar fest, dass sich doch ein guter Teil der Tracks problemlos anhören lässt, am Stück ist dieses Album aber kaum genießbar. Vielleicht realisieren Ant und Slug, dass sich nicht alles um todernste Themen zu drehen hat, dass nicht alles von den Geschichten des Niemands von nebenan handeln muss. Vielleicht (hoffentlich) unterzieht Ant seinen Sound für das nächste Projekt einem radikalen Wandel, denn mit dem, was auf "The Family Sign" geboten ist, sind Atmosphere in einer Sackgasse gelandet, aus der es kein Erwachen gibt. Das Geschick und die Routine der beiden retten sie knapp vor einer größeren Blamage, doch für ihre Verhältnisse ist "The Family Sign" ein arger Fehlschlag.

5.0 / 10

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