Sonntag, 25. Juli 2010

Wu-Tang Killa Bees - Wu Music Group Presents: Pollen (The Swarm, Pt. 3)


Release Date:
22. Juni 2010

Label:
Wu Music Group

Tracklist:
01. Roll With Killer Bees (Feat. Yellow Jackets)
02. Headline (Feat. Armel, 12 O'Clock, Reverend William Burk & Prodigal Sunn)
03. Assed Out (Feat. Method Man & GZA)
04. Dirts The Boogie (Feat. Ol' Dirty Bastard & Boy Jones)
05. You Must Be Dreaming (Feat. RZA & Beretta 9)
06. M.E.F. (Feat. Method Man)
07. Smooth Sailing (Feat. Ghostface Killah, Solomon Childs & Trife Diesel)
08. Get It Started (Feat. King Just, Nate, YC & Leathafase)
09. Faced Down (Feat. Streetlife & Killa Sin)
10. Testimony (Feat. Killah Priest, Remedy & Heart)
11. Action (Feat. Solomon Childs)
12. No Game Around Here (Feat. Hell Razah & Suga Bang Bang)
13. Into You (Feat. Reverend William Burk, Tash Mahogany & Rugged Monk)
14. Transporting (Feat. JoJo Pellegrino & Remedy)
15. Flight Of The Killer Bees (Feat. Reverend William Burk & Prodigal Sunn)

Review:
Da es keine Anzeichen gibt, dass sich die Marke "Wu-Tang" in absehbarer Zeit erschöpft, finden sich auch weiterhin genügend Leute, die daraus Profit schlagen. Bienenkönigin RZA hat zu diesem Zweck einige Adressen, wie etwa die Wu Music Group, authorisiert. So kommt es, dass ein Album wie dieses das Licht der Welt erblickt, für das der RZA bürgt und das trotzdem von anderen Händen zusammengestellt wurde. Hierbei handelt es sich um ein schon seit Ewigkeiten geplantes Projekt, für das Remedy, seines Zeichens erster Jude in den Reihen der Killa Bees, einst grünes Licht erhielt und das nun als dritter Teil der Killa-Bees-Scheiben promotet wird. Das muss "Pollen" natürlich nicht automatisch davon abhalten, eine gute Compilation zu sein.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Essenzieller Sinn der ersten (und auch der zweiten) "Swarm"-Platte war es, der zweiten und dritten Reihe im Wu-Universum eine Plattform zu bieten, um sich zu präsentieren, während die Generäle als Käufermagneten und Qualitätsgaranten eingestreut werden. Das führt schnell zur Frage nach dem Sinn dieser Scheibe, denn ganz im Gegensatz zu den Jahren 1998 bzw. 2001 ist der Bienenstock inzwischen zu voller Größe ausgewachsen - die Zahl der neuen Killa Bees, die wirklich zum engeren Kreis zu zählen sind und die es wert sind, vorgestellt zu werden, ist nicht groß genug für eine Compilation wie diese; Reverend William Burk ist der einzige, den man ohne jeden Zweifel auf diese Liste setzen kann. Bei anderen Namen - JoJo Pellegrino oder King Just - muss man sich eher fragen, was sie hier verloren haben (warum nicht gleich noch Krumb Snatcha?). Sieht man die Compilation weniger als Vorstellungsrunde, sondern als Schaulaufen bzw. Klassentreffen aller namhaften Emcees aus den Reihen der Killa Bees, müsste man wesentliche Lücken im Lineup bemängeln. Das alles ist sicherlich zu einem Teil auf Remedy und dessen Sympathien bzw. eigene Vorstellungen zurückzuführen, führt aber unweigerlich schon im Voraus zu dem Schluss, dass sich diese Compilation nicht guten Gewissens in eine Reihe mit den ersten beiden (ohne dabei auf die Qualität einzugehen) einordnen darf. Man versucht also, diese Gedanken beiseite zu schieben, um dem Album neutral gegenüberzustehen, nur um festzustellen, dass "You Must Be Dreamin" vor nicht weniger als sieben Jahren bereits auf dem Album des Norwegers Diaz zu finden war oder dass "Faced Down" schon vor fünf Jahren auf Streetlife's Album zu hören war. Da zieht nicht einmal die Ausrede, den Künstlern im Nachhinein noch etwas Aufmerksamkeit zuzuschanzen. Doch damit der unschönen Tatsachen nicht genug: 12 O'Clock's Verse aus "Headline" ist alles andere als neu und "Smooth Sailing" hat man noch mit demselben Ghost-Part vom "Wu-Massacre" im Ohr. Während also die Notwendigkeit dieser Scheibe weiter im Sinkflug bleibt, kann man endlich auch ein paar Worte über die musikalische Güte der Tracks verlieren: Die ist nämlich gar nicht schlecht, auch wenn die Erleuchtung ausbleibt. Zu den besten Momenten zählt fraglos "Assed Out", Mef's Sologang in "M.E.F." ist ebenfalls nicht von schlechten Eltern. Auch die um North Star formierten Yellow Jackets, ein neuer Name der Abteilung West, lassen sich problemlos anhören. Auf der Suche nach Highlights wird man nicht wirklich fündig, doch "No Game Around Here" mit starker Sample-Arbeit und "Transporting" mit atmosphärischem Streicherwerk gehen in eine gute Richtung, während der Reverend mit seinen Auftritten sein Können unterstreicht. Vollkommen vergessenswert dagegen der ausgegrabene Verse von ODB, der zusammen mit seinem durchschnittlich talentierten Sohn das lauwarme "Dirt's The Boogie" vorträgt.

Die Wu Music Group tut sich keinen Gefallen damit, ihr Album in die "Swarm"-Reihe einzuordnen. Denn da gehört es nicht hin. Man wird hier keine Großtaten entdecken wie einst von den Beggaz. Man findet hier lediglich eine Compilation, die einen bestimmten Teil des Wu-Kosmos abbildet und dabei nicht den Eindruck erweckt, dass die Beteiligten voll und ganz bei der Sache sind. Die Zusammenstellung selbst ist ebenfalls keineswegs optimal und wirkt beizeiten etwas abgehackt. Da sich der Großteil der Songs (bei denen man es nicht für nötig hielt, die Producer Credits im Album festzuhalten) oberhalb des Mittelfeldes bewegt, sollte man "Pollen" nicht schlechter reden, als es wirklich ist, wenngleich das Fazit nicht ohne den Hinweis auskommt, dass man einerseits nicht viel verpasst und andererseits aus "The Swarm Pt. 3" viel mehr hätte machen können und auch müssen.

5.6 / 10

Nappy Roots - The Pursuit Of Nappyness


Release Date:
15. Juni 2010

Label:
Nappy Roots Entertainment / AVJ Records / Fontana Distribution

Tracklist:
01. Welcome To The Show
02. Do It Big
03. Be Alright (Feat. Je'Kob Washington)
04. Fishbowl
05. Infield
06. How I Do
07. The People
08. Ride
09. Live & Die
10. Back Home
11. Know Bout Me (Feat. A. Leon Craft)
12. Right Place, Right Time
13. Winner Takes All
14. Paint A Picture (Feat. Chops)
15. P.O.N. (Pursuit Of Nappyness)
16. All For You

Review:
Die Suche der Nappy Roots nach dem Erfolgsrezept ihres Debütalbums geht weiter. Ein ganzes Dutzend Jahre sind sie nun schon zusammen aktiv, acht Jahre ist ihr offizielles Debütalbum, dessen Verkaufszahlen traumhaft hoch waren, alt; inzwischen nimmt man den dritten Anlauf, diesem Segen und Fluch einen würdigen Nachfolger zu fertigen. Ihren Ruf als die sympathischen Jungs aus Kentucky bzw. Georgia mit dem eigenständigen Sound haben sie indes nicht eingebüßt, was erste veröffentlichte Tracks und auch das Cover zum neuen Album nur noch bestätigten. Doch ihre Ausgangssituation ist eine andere: kein Major-Label mehr, die Erwartungen sind (nach "The Humdinger") inzwischen nicht mehr so hoch und auch der Wirbel um "The Pursuit Of Nappyness" hielt sich letztendlich in Grenzen.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Die Marschrichtung ist klar vorgegeben: zurück zu "Watermelon, Chicken & Gritz". Dieses Anliegen wurde natürlich auch schon auf "The Humdinger" verfolgt, doch die letzten beiden Alben klingen nicht so bewusst auf das Debüt getrimmt wie dieses. Für den hiesigen Anlauf engagiert die nach dem Weggang von R. Prophet fünfköpfige Gruppe neben einigen anderen Produzenten Phivestarr Productions, die es richten und den gitarrenlastigen, natürlichen Sound der Truppe wiederbeleben sollen. Die frohe Botschaft ist, dass es den Roots diesmal besser als auf "The Humdinger" gelingt, ihre Country-Seite neu zu erfinden. Doch wie es die HipHop-Geschichte immer und immer wieder lehrt, sollte man die Hoffnungen auf genau denselben, originalen Stil sofort begraben. Es mag am Fehlen des so markanten R. Prophet (das sich schon auf der letzten LP bemerkbar machte) liegen, doch die Unterschiede fangen schon bei der Performance des Quintetts an: Fish Scales, Big V, Ron Clutch, B. Stille und Skinny DeVille sollen ihre Qualitäten gar nicht erst abgesprochen werden, doch man erinnert sich an Zeiten, in denen die einzelnen Parts flüssiger ineinander übergingen. Doch mit diesem kleinen Schönheitsfehler lässt sich problemlos leben, zumal thematisch am grundlegenden Weltbild nichts verändert wird. Immer noch gibt es Gute-Laune-Tracks, immer noch wird die Provinz repräsentiert und die Liebe zum HipHop mit einer Flasche gutem Bourbon zelebriert. In "Welcome To The Show" gibt es zudem einen Einstieg, der sich gewaschen hat: Die begrüßende Spieluhr wird von einem einladenden, warmen Piano-Loop aus dem Hut von Cloud9 abgelöst, während ganz klar festgelegt wird, wo man sich hier befindet:

"I rock the v-neck-tees, wrinklin' jeans
Old people askin' me, 'Do you sleep in them jeans?'
I reply 'No Sir or Ma'am, this is the style'
Big smile, I ain't felt like this in a while
"

Im weiteren Verlauf sind es in der Tat die Beiträge von Phivestarr, die das Gerüst des Longplayers bilden und ihn zusammenhalten: "Infield" ist 100% Nappy und lädt ein, die Jungs bei einer Runde auf ihrem Truck zu begleiten, "Back Home" dagegen ist eine ernstere Widmung an die eigene Heimat und das notfalls offenstehende Elternhaus, belebt von schlichtem Akustikgitarreneinsatz. Gesungene Hooks sind ein steter und immer nahtlos passender Gast auf der LP - selbst im gelungenen "Be Alright" mit exzessivem Synthie-Gebrauch. Chops, der viermal produziert, läuft für die Hook von "Paint A Picture" ein und garantiert für einen weiteren feinen Teil des Albums. Fehlerlos gehen die Nappy Roots jedoch nicht aus der Partie: "Right Place, Right Time" ist als vergessenswerter Party-Track mit Electro-Spuren der einzige Aussetzer, während "P.O.N." als unspektakulärer Filler Platz nimmt. Man möchte außerdem meinen, dass die Nappy Roots es dem Hörer beizeiten zu sehr recht machen wollen: Das platt produzierte "The People" stellt das Geld an zweite Stelle, "All 4 You" huldigt direkt den Fans und "Live & Die" ist eine (wenngleich starke) HipHop-Liebeserklärung. Da jedoch der Kitschgrad vom zwei Jahre älteren "Good Day" gemieden wird, darf diese Themenwahl positiv angerechnet werden. Der Rest der Scheibe enthält mit "How I Do" noch einen mäßigen, mit "Ride" oder "Winner Take All" dafür aber auch (von Phivestarr) trefflich beackerte Tracks.

Die Nappy Roots haben noch weitaus mehr als andere Künstler das große Problem, dass ausnahmslos jeder von ihnen die Klasse und den Stil ihres Debüts erwartet. Dass sie dieser Forderung wohl nicht mehr nachkommen, sollte jedoch inzwischen klar sein und deshalb die im Voraus schon determinierte Kritik an neuen Alben etwas entschärfen. Denn mit ihrem neuen Machwerk beweist das Quintett, dass es immer noch die schmackhafte Alternative zum sonstigen Dirty South sein kann, als die man es kennt und schätzt. "The Pursuit Of Nappyness" hat dabei zwar auch seine schwachen und mittelmäßigen Momente und hinterlässt als gesamtes Album durchaus angehende Zweifel, doch mit einer ganzen Reihe an sommer- und autotauglichem Material geht der Großteil der 16 Songs in Ordnung.

6.5 / 10

yU - Before Taxes


Release Date:
13. April 2010

Label:
Mello Music Group

Tracklist:
01. Before Taxes Intro
02. Beats & Rhymes
03. Almost Time
04. Though About It
05. BreakDown (Feat. Bilal Salaam)
06. Corners (Feat. EyeQ)
07. The Up & Up
08. Close
09. Fine
10. Lucnhin
11. Native
12. Memory (Feat. ERK)
13. The Rock
14. In the Reign (Feat. EyeQ & Omun)
15. MmHmm
16. Brainwash (Feat. Grap Luva, Op Swamp 81 & Finale)

Review:
Es ist ein altbekanntes Phänomen, dass ein Künstler schnell seine ganze Truppe vom eigenen Erfolg profitieren lassen will - das ist so und wird wohl immer so bleiben. Ganz augenscheinlich ist das auch hier der Fall: Ohne Oddisee würde anzunehmenderweise immer noch kein Schwein wissen, wer yU ist. Doch da die beiden sich auf einer Show kennenlernten, formte sich kurzerhand das Trio Diamond District (das dritte Mitglied X.O. wurde ganz ähnlich gefunden), das als eine der wenigen Gruppen das Dreieck DC-Maryland-Virginia repräsentiert und mit dem Debüt "In The Ruff" recht hohen Anklang in der Online-Welt fand. Kein Wunder also, dass yU kurze Zeit später mit seiner eigenen Scheibe, "Before Taxes", an den Start geht.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Geplant war es eigentlich als EP, weitete sich dann aber zum vollwertigen Album aus. Die ursprünglich viel kleiner gesteckten Ziele scheinen wohl noch im Cover durch, das in all seiner Unattraktivität geradezu nahelegt, dass man es hier nur mit einem weiteren 08/15-BoomBap-Longplayer der Marke "harmlos" zu tun hat. Das Konzept macht die Sache auch nicht attraktiver: "Before Taxes" meint die pure, unverfälschte Form von HipHop, die volle Packung, die vor Abzug sämtlicher Rechnungen und Steuern bzw. schädlicher Einflüsse durch geldgierige Label-Executives vorliegt und die sich heute so selten findet - zwar eine schöne Metapher, doch auf den Punkt gebracht wird hier auch nur der begähnenswerte Anspruch auf "Real HipHop" gestellt. Gerade deshalb ist die Scheibe ein Hinweis darauf, wie falsch vorschnelle Urteile sein können - yU entfaltet seinen kleinen BoomBap-Kosmos so kreativ, wie man es kaum für möglich gehalten hätte. Als erhebliches Stützbein stellt sich hierfür sein Kumpel SlimKat78 heraus (mit dem er The 1978ers bildet), der zusammen mit yU's eigenen fast die gesamten Instrumentals der LP abdeckt. Das Endprodukt ist und bleibt natürlich unabänderbar BoomBap, doch yU weiß sich zu verkaufen. Zur souligen Atmosphäre, die man von Oddisee schon seit Längerem gewohnt ist, gesellt sich ein ungeschliffener Charakter, der genau das ist, was "Before Taxes" beschreiben will. Da geht der Gesang von Bilal im smoothen "Break Down" Hand in Hand mit dem minimalistischen "Beats & Rhymes From March 25", das von seinen schlichten Drums lebt. Am Mic ("Aight, to be a emcee, means that I can hold it down, even if it's just me") präsentiert sich yU denen, die ihn gerade neu entdecken, als Emcee mit gedrücktem Flow, der immer Gefahr läuft, etwas zu nuscheln. Dieser augenscheinliche Kritikpunkt macht jedoch seinen Stil und seinen Charme aus. Darüber hinaus nimmt sich yU die Freiheit, mit "Fine" ein simples und vor allem schönes Instrumental einzuwerfen und es lediglich mit sachtem Gesang zu glasieren, während "Memory" in klassischster Manier pumpende Drumlines mit einem Piano-Loop kombiniert, um von Kindheitserinnerungen zu berichten, die "The Rock" dann direkt fortführt. Selbst eine Handvoll Highlights gibt es zu entdecken: "Thought About It" zupft seine Akustikgitarre zu dem perfekt flowenden yU, kurz darauf serviert "Corners" Eastcoast-Paradesound um ein Thema, das nicht erst seit Common regelmäßig und attraktiv ausgeführt wurde und wird. "Before Taxes" ist keine lyrische Ausnahmeshow, doch yU beherrscht sein Handwerk. Das Kev-Brown-produzierte "Almost Time" z.B. berichtet von einem Abend, als yU durch Kev im Vorprogramm einer EPMD-Show in DC auftreten durfte. Mit "Native" findet sich dann sogar noch ein einzigartiger Song, der sich die Lage der heutigen Native Americans (deren Blut auch in yU fließt) zur Brust nimmt. Oddisee's Beitrag ist "Lunchin", ein genialer Kopfnicker, den yU dafür verwendet, vor sinnlosen Dummheiten, Gewalttaten und Verbrechen zu warnen. Ein letztes Mal auf seine Künste verweist er schließlich in "MmHmm", einem locker-entspannten Instrumental, das perfekt in den ausklingenden Endteil passt und für das langweilig produzierte "Brainwash" entschädigt.

Es ist höchst erfreulich, dass es selbst im sonst so toten BoomBap-Meer noch Passagen gibt, in denen ein frischer Wind weht. Dabei will yU gar nicht als kreativer Innovator kategorisiert werden, er versteht es schlichtweg bestens, die alten Formeln zeitgemäß anzuwenden. Erfreulich dabei ist außerdem, dass man hier ein eigenständiges Album vor sich hat, nicht etwa den Bonus zu "In The Ruff", was yU bzw. auch die 1978ers für zukünftige Releases sehr interessant macht. "Before Taxes" hat zwar auch seine Standardmomente, doch der Schwall an positiver Resonanz, die es einheimsen konnte, ist nicht ganz unbegründet.

6.9 / 10

Son Of Saturn - The Madness & The Mahakaruna


Release Date:
07. Juli 2010

Label:
Revolt Motion Recordings / LCOB Productions

Tracklist:
01. Swayed Megaltihs
02. Saturn Day
03. Operation X (Feat. The Sargonites)
04. Biological Warfare (Feat. Life Scientist)
05. Harbinger
06. Subconscious Wilderness
07. Pranic Mastery (Feat. Atma)
08. Chi Ghost
09. The Face Of Madness (Feat. Amun Morb)
10. The Ritualz
11. Quantum Mechanics (Feat. Gift Of Gab)
12. Ominous Opus (Feat. Lord Gamma & Riishii G7)
13. Climbing Fron The Darkness
14. Fallen Empires (Feat. Dr. iLL)
15. Message Of The Mystics (Feat. Life Scientist, Sinister Stricken, Ammoeinser & Erks Orion)
16. The Nile Conduit (Feat. Rasul Allah & Jon Murdock)
17. Stargate Agape
18. Anima Mundi

Review:
"Who I am is of no consequence." Es braucht nicht lange, bis man merkt, dass Son Of Saturn kein alltäglicher Rapper ist. Dem Herrn liegt viel daran, dass seine Hörer sich seine Botschaften zu Herzen nehmen, was für einen Emcee aus dem erweiterten und stetig wuchernden Umfeld der Lost Children Of Babylon natürlich nichts Herausragendes ist. Nichtsdestoweniger nennt Son Of Saturn dieses bereits sein drittes Album, jedoch das erste für Normalsterbliche auch erwerbliche. Mit dem kunstvollen Titel "The Madness & The Mahakaruna" deutet der Spätzwanziger mit den über zehn Jahren Rap-Erfahrung bereits an, dass auf diesem Longplayer das eine oder andere interessante Thema zur Sprache kommt.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Von einem, der Rap nur als Hobby neben seinem regulären Job betreibt, darf man ehrlichen HipHop ohne jegliche Verwässerungen und Trendbeeinträchtigungen erwarten. Das trifft auch für Son Of Saturn zu, der mit "The Madness & The Mahakaruna" genau das als Sound wählt, was er anzunehmenderweise auch privat hört. Wenngleich die Annahme in Erwägung zu ziehen ist, dass er sich an den LCOB-Zug in ähnlicher Weise angekoppelt hat wie es manche Künstler mit ihrer Wu-Tang-Zugehörigkeit tun, hat der Sohn Saturns alles, was es zu einem geistigen Schüler der Rap-Mystiker bedarf: Das Interesse für alte Zivilisationen und deren Mythologien, Sympathie für alternative, esoterische Spiritualität, den festen Glauben an eine globale Verschwörung und das Bedürfnis, mit seiner Musik die Ketten der geistigen Umnachtung, in denen die Welt dümpelt, zu sprengen. Wesentliche Dogma ist jedoch auch bei ihm: "I do not claim to have any answers, I encourage everyone to find their own answers." Das bedeutet so viel wie: Son Of Saturn geht mit seinem fundierten Pseudo-Wissen keine eigenen Wege, sondern tut es allen anderen ähnlich gearteten Emcees gleich und geizt nicht mit Anspielungen und Aufzählungen verschiedenster fachspezifischer Begriffe. Doch wie auch seine geistigen Brüder überfliegt er damit den Horizont des Großkollektivs hustelnder Rapper bereits um einige Kilometer und sorgt immer wieder für Denkanstöße. Den passenden Sound findet Son Of Saturn bei einer Palette an Produzenten, von denen Namen wie SnakeVsCrane, Amos The Ancient Prophet und Lord Gamma bereits bekannt sind und weiter beständig Fuß in der Szene fassen, während die meisten als Unbekannte auftreten. Orientiert wird sich überwiegend an herkömmlichen, düsteren Eastcoast-Sounds, der Einfluss durch gerade die LCOB ist jedoch natürlich nicht zu leugnen, wenn auch in einem Track wie dem von dichten, tiefen Streichern vorangepeitschten "The Ritualz", bei dem man ihn vermutet hätte, nicht herauszuhören. Anders dagegen "Anima Mundi", das die langsame und besonnene Seite von SoS zeigt. Für manchen mag es überraschend sein, wie flowvermögend er sein kann - gerade in den flotteren Stücken wie etwa dem bärenstarken, von hinduistischem Gebet eingeleiteten "Pranic Mastery" scheint durch, dass man es hier mit einem überdurchschnittlichen Emcee zu tun hat, gegen den selbst Atma etwas lahm aussieht. Im thematischen Pendant wandelt SoS weiter zum Daoismus und präsentiert sich als "Chi Ghost", diesmal untermalt von einem grandiosen Streichergeflecht von G.I.C.. Weitere Hochkaräter sind das von Lord Gamma geprägte "Ominous Opus" und das düstere "Biological Warfare", während der Auftritt des exotischen Gasts Gift Of Gab eher unspektakulär verläuft. Als Abturner stellt sich dagegen "Message Of The Mystics" mit deutschem und spanischen Part von Ammoeinser bzw. Erks Orion heraus - Sprachensalat funktioniert nunmal höchst selten. Das Schema, das vom von schrammelnden E-Gitarren dirigierte Zwischenspiel in "Fallen Empires" beschritten wird, ist keinesfalls ein neues, bestätigt aber auch hier wieder einmal, dass die aus welchem Grund auch immer ins Programm genommenen Crossover-Ansaätze meist dem Albumfluss einen Stock in die Speichern werfen - hier noch mehr als irgendwo sonst. Da ist man froh, dass Amos The Ancient Prophet für den Höhepunkt der LP sorgt und in "Saturn Day" dem Protagonisten voll in die Karten spielt, auf dass dieser seinen (anzunehmenderweise) aus der römischen Mythologie entlehnten Namen in astronomische Sphären erhebt.

Im Gestrüpp, das unaufhaltsam um den Namen "LCOB" wuchert, ist Son Of Saturn einer von vielen Namen. Dass in einem solchen Gestrüpp mitnichten Unkraut wächst, legte der äquivalent ablaufende Prozess bei der Marke Wu-Tang dar. So ist auch Son Of Saturn ein äußerst fähiger Emcee, der sein Fach beherrscht und dank eines direkten, harten Flows auch auf längere Zeit im Gedächtnis bleibt. Aus dem schier unendlich großen Pott unbekannter Produzenten hat SoS mit gutem Auge abgeschöpft und sich einen Beat-Teppich zusammengestellt, der - wenn auch ausbaufähig - den Anforderungen standhält. Wer sich mit dieser Materie anfreunden kann, für den ist "The Madness & The Mahakaruna" ein guter, wenn auch kein überragender Fund.

6.7 / 10

Dienstag, 20. Juli 2010

Cook Classics - Recharged


Release Date:
22. Juni 2010

Label:
Cook Classics

Tracklist:
01. The Introduction
02. Midwest Malcolm (Feat. Freddie Gibbs)
03. The Best Are Full Of Love (Feat. Shawn Jackson, Diz Gibran & Buff1)
04. Don't Tell Me To Go (Feat. Avriel Epps & Emilio Rojas)
05. Sydney (Feat. TiRon & Ayomari)
06. Instrumental 1
07. Dirty Girl (Feat. Miguel)
08. Bouncer (Feat. Avriel Epps)
09. Underneath The Stars (Feat. Tunji & J Soul)
10. This Is Love (Feat. Shawn Jackson & Boog Brown)
11. I Can't Help It (Feat. Emilio Rojas & DMinor)
12. Instrumental 2
13. Street Life (Feat. Sean Price, Sha Stimuli & Cymarshall Law)
14. The L-O (Feat. Co$$)
15. Rise And Shine (Feat. Inverse)
16. Right Now (Feat. Amanda Diva)
17. Instrumental 3
18. The Warriors (Feat. Aloe Blacc)
19. Just Me (Feat. Sene & Peter Hadar)

Review:
Cook Classics ist kein Neuling in der Szene, doch seine bisherigen Errungenschaften und Tätigkeiten lassen sich trotzdem beinahe an einer Hand abzählen: Da wären Produktionen für u.a. U-N-I oder Inverse und natürlich seine Visitenkarte, ein kleines, aber feines Album namens "Away With Words" mit einem gewissen (Noah King) Nieve. Zusammenfassend zählt der ursprünglich aus dem Big Apple stammende und nun in Los Angeles wohnhafte Produzent, der seine Leidenschaft auf dem College entdeckte, zu jenen Beat-Bastlern, von denen ein Album durchaus interessant sein könnte. Mit "Recharged" hat er die Chance, eine breitere Masse davon zu überzeugen, dass er mehr ist als nur irgendein Produzent.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Beim ersten Betrachten der Tracklist und dem vergeblichen Suchen nach dem Namen Nieve kommt Enttäuschung auf - das Dreamteam hat es nicht aufs Album geschafft. Doch bei den vertretenen Gästen, die teils unbeschrieben und glücklicherweise authentisch und eigenständig zusammengestellt sind, sollte keine Zeit zu großer Trauer bleiben. Dem geschulten Auge wird außerdem auffallen, dass nicht wenige der Tracks bereits bekannt sind - nämlich vom ein Jahr zuvor veröffentlichten Mixtape "The New Classics". Man fühlt sich irgendwie an "Away With Words" erinnert, das ja auch neu aufgesetzt wurde. Hier jedoch zimmert Cook aus einem Mixtape ein waschechtes Album, das unter anderem durch kleine instrumentale Zwischenspiele kohärenter wirken soll. Eine reine Beschränkung auf Rap-Musik sprengt Cook bereits nach wenigen Songs und holt eine ganze Reihe weiblicher Stimmen an Bord, denen reichlich Gesangszeit eingeräumt wird. Eines sollte außerdem vorweggenommen werden: Alle, die ein Album voll im Kielwasser von "Away With Words" erwartet haben, werden bitter enttäuscht sein. Dass hier derselbe Producer zu Werke geht wie bei dem Album mit Nieve, lässt sich nur erahnen. Anders bedeutet natürlich nicht sofort schlecht, in diesem Fall aber schlechter. Denn leider erweckt "Recharged" teilweise das Gefühl von Herkömmlichkeit, was nicht etwa daran liegt, dass Cook seine relaxten Sounds vergessen hätte, sondern einem Mangel an echten Highlights zuzuschreiben ist. Es ist bezeichnend, dass der beste Track gerade einer der untypischsten ist: "Street Life" ist ein berauschend guter Kopfnicker, der auch dank seiner Gäste als Steet-lastigstes Material durchgeht. Über die restliche Spieldauer packt Cook sommerliche Klänge aus, die wie in "The Best Are Full Of Love" mal mit astreinen Rap-Einlagen und wie in "Right Now" mal vorwiegend mit Gesang bestückt werden. Dieser Bogen wird erstaunlich gut gespannt, "Recharged" hält seine Atmosphäre fast immer aufrecht. Fast immer, denn leider geht die Performance nicht ganz fehlerfrei über die Bühne: "Dirty Girl" ist völlig daneben - Cook patzt, Miguel gebärdet sich mit unattraktivem Inhalt wie ein billiger Justin Timberlake. Avriel Epps wiederum weckt in "Bouncer" leichte Erinnerungen an Beyoncé (und speziell deren "Single Ladies"), tut das aber schon wesentlich besser. Selbst wenn "This Is Love" noch etwas zu harmlos in den Ring steigt, reißt das Album sein Ruder mit starken Songs wie "Midwest Malcolm", "I Can't Help" oder dem herrlich relaxten "Rise And Shine" wieder in die richtige Richtung. Die drei eingebauten Instrumentals können als gut überleitend notiert werden, einziger verbleibender Kritikpunkt bleibt damit Aloe Blacc und seine gesungen-gejaulte, in den Sand gesetzte Interpretation von Cyrus' legendärer Ansprache aus "The Warriors".

Kann sich Cook Classics vom Gros der Produzenten abheben? Ja, zumindest zu einem gewissen Grad. Wer unter Kenntnis von "Away With Words" hier allerdings Großtaten erwartet, für den mag das Bild aus gemäßigter Sommerfreude etwas ernüchternd wirken. Doch das ist nicht das große Problem der LP, schließlich sind die meisten Tracks trotzdem gelungen und stimmungsvoll (wenn auch in einer anderen Weise als auf "Away With Words"), wären da nicht die Schnitzer, die Cook sich leistet. Trotzdem bleibt sein BoomBap der Eastcoast-Schule, der mit relaxten Westcoast-Elementen verfeinert wird, eine interessante Wahl für den Sommer, mit der "Recharged" Anklang finden sollte.

5. 8 / 10

MF Grimm - You Only Live Twice: The Audio Graphic Novel


Release Date:
08. Juni 2010

Label:
Day By Day Entertainment

Tracklist:
01. Blessings
02. Return To Eden
03. I Am King
04. All I Need
05. You Only Live Twice
06. The Legend Of The Golden Warrior
07. Medicine
08. Waiting
09. Fight
10. Angel Without Wings
11. Marry Mary
12. Last Days
13. The Compound

Review:
Der vom Schicksal gebeutelte MF Grimm kehrt zurück mit einem neuen Projekt. Seit seinem von ihm als geschichtsträchtig erachteten, drei CDs enthaltenden "American Hunger" und dem eher unbeachteten "The Hunt For The Gingerbread Man" sind vier bzw. drei Jahre vergangen - eine lange Zeit im kurzlebigen Rap-Geschäft. Da hilft es auch nicht sonderlich, dass das eigene Label und der ehemalige Qualitätsschuppen Day By Day Ent diese Zeitspanne ebenfalls in einer Art Winterschlaf verbrachte. Untätig war Grimm natürlich nicht, vielmehr schenkte er seine volle Aufmerksamkeit seiner zweiten Leidenschaft: den Comics. Dies führte u.a. zur Veröffentlichung des hoch gelobten Cartoon-Romans "Sentences: The Life Of MF Grimm". Für "You Only Live Twice: The Audio Graphic Novel" kann er auf Rückhalt aus der HipHop- als auch der Comic-Gemeinde setzen.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Als zusätzlichen Anreiz für eventuelle, mit HipHop nur mäßig sympathisierende Käufer lässt er von Jim Mahfood (u.a. "Spider Man") ein 13 Seiten dickes Comic-Book illustrieren. Dieser Zug ist als zusätzlicher Anreiz für den Kauf einer CD absolut nicht unklug und verschaffte ihm wohl einen Vertrieb, von dem andere Underground-Künstler nur träumen können. Gäste sieht Grimm nicht als notwendig an, selbst bei den Produzenten setzt er mit Twiz The Beat Pro auf einen hausinternen und bis dato gänzlich unbekannten Namen. Dass Grimm nicht mehr Feuer und Flamme am Mic ist, zeigt sich nicht erst mit diesem Release, von einer guten Scheibe sollte es jedoch auch nicht abhalten, denn als besonnener Weiser gibt der Rollstuhlfahrer immer noch eine hervorragende Figur ab. Weitaus größerer Makel ist da schon der Mann im Hintergrund. Twiz The Beat Pro ist leider kein unentdecktes Supertalent, er ist höchstens einer von vielen. Ja, man sollte nicht so hart ins Gericht gehen, doch wenn jemand wie Grimm, der Zugriff auf die Beats von verschiedensten Edelproduzenten hätte, sich voll und ganz einem Noname verschreibt, der sein Album mit genießbarem, aber zu gewöhnlichem BoomBap bestückt, muss man ein wenig enttäuscht sein. Denn es braucht nicht lange, um festzustellen, dass "You Only Live Twice" weit davon entfernt ist, eine besondere Scheibe zu sein. Zweifelsohne ist "Blessings" kein verkehrter Einstieg, sind Grimm's Danksagungen für das, was ihm sein Leben bietet, gut umgesetzt, aber den schon zu Beginn fehlenden Wow-Effekt wird man auch später nicht finden. Grimm ist kein Ausnahme-MC, dementsprechend kann man zwar nichts kritisieren, verfällt jedoch auch nicht in Begeisterungsstürme, wenn er bestens bekannte Themen abklopft: In "Medicine" verschwimmt (über dahinschmelzendes Instrumental) die Grenze zwischen Pille und Geliebter, "All I Need" erzählt von Träumen und ersten Schritten im Rap-Game. Halbgare Battle-Raps über ein unfokussiertes Instrumental sollen den Hörer zum "Fight" motivieren, erreichen dann aber genau das Gegenteil. Originell dagegen ist das Daffy-Duck-Sample im starken "Return To Eden", das seine Kritik an Gangster- und Mainstream-Rappern gut verkauft ("How could he keep on rhyming bout some motherfucking diamonds, when in Africa baby arms are chopped"). Ein Enttäuschung dagegen findet sich in "The Legend Of The Golden Warrior", das mit einem dreieinhalbminütigen (Kung-Fu-)Film-Sample ordentlich Spannung aufbaut, um dann in einem unsortiert-wilden Streicher-Verhau auszuklingen. Musikalisch dünn, dafür inhaltlich stark ist der in "Angel Without Wings" vorgetragene eigene Lebensweg, während "Marry Mary" als Widmung an Grimm's Seelenverwandte einen der besten Eindrücke hinterlässt und einen Schlussteil einläutet, der sich noch einmal zu steigern weiß.

Es ist ermüdend, dem x-ten einst vielversprechenden Künstler dabei zuzuhören, wie er es sich mit einem neuen Album in den gemütlichen Sphären des unaufregenden guten Mittelfelds gemütlich macht. Ruft man sich ins Gedächtnis, dass dieser Mann Teil von KMD war und die Czars ins Leben rief, kann man zwar einerseits froh sein, weil es schlimmer hätte kommen können, andererseits muss man eingestehen, dass auch die Zeit des MF Grimm klar vorbei und "You Only Live Twice" nur noch ein Nachbeben in seiner Diskographie ist. Damit soll die LP nicht schlechtgeredet werden, denn schlecht ist sie nicht, sie hievt sich durch einige gute Tracks sogar (knapp) über den Durchschnitt. Trotzdem kann dieses Ergebnis weder für Grimm noch für Twiz (der hoffentlich erst wieder mit hochwertigerem Material an die Öffentlichkeit geht) zufriedenstellend sein.

5.7 / 10

The Strangerz - 2nd To None


Release Date:
14. Mai 2010

Label:
Domination Recordings / Digi Crates Records

Tracklist:
01. Tune In
02. The Way
03. So Slow
04. Know Me
05. Makin' Moves
06. Machine Gun Funk Pt. II (Feat. Asia)
07. Inspiration
08. Game of Life
09. The Custodianz
10. Help
11. Gets Like This
12. Trouble
13. 2nd To None
14. Moves (Hidden)
15. Smoke To Me (Feat. Asia) (Hidden)

Review:
Dank der nimmermüden Arbeitsmoral von Tha Connection reißt die Serie an Veröffentlichungen nicht ab: Nachdem Hus KingPin und SmooVth sowohl als Duo sowie auch im Alleingang im letzten Jahr Alben, Mixtapes und EPs schufen, dreht sich inzwischen nicht mehr alles nur um das Duo: Mit Digi Crates Records steht das eigene Label, das schon die Werke einiger anderer Künstler veröffentlicht hat. Einer davon ist Marvelous Mag, Rapper und Sänger, der bereits mit seinem "Soul City"-Album positiv auffallen konnte. Anscheinend gefiel er auch Hus und SmooVth so gut, dass man sich direkt dazu entschloss, zum Trio The Strangerz zu fusionieren. Typisch für die Jungs, dass man nicht lange auf das Debüt, "2nd To None", warten muss.

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"2nd To None" hat nicht denselben Anspruch wie bisherige Connection-Alben oder auch das zu fast selber Zeit erscheinende SmooVth-Solo; es möchte Themen wie Jazz und Soul mit einbinden, möchte noch relaxter aus den Boxen tönen als bisher gewohnt. Galten all diese Umschreibungen auch für Scheiben wie "Love Royale" oder "Checkmate", so gehen The Strangerz hier noch einen Schritt weiter, was zu großen Stücken an Marvelous Magnum liegt, der einen weitaus glatteren und runderen Flow an den Tag legt als seine beiden Partner, die wie immer das nötige Quantum Rawness gepachtet haben. Von seiner Singstimme macht Mag natürlich auch Gebrauch, was die Songs der Scheibe meist erfrischend kontrastreich gestaltet. Die Produktionsarbeit wird, wie schon bei älteren Releases, auf die Schultern teils gänzlich unbekannter Talente geladen, die ihre Sache aber allesamt gut machen. Denn so sehr der Longplayer ein mäßiges Tempo und soulige Klänge anschlägt, so sehr ist das körnige, ungeschliffene Feeling in jedem Beat präsent, das der Platte den staubigen Charakter verleiht, den man heutzutage so selten findet und auf den Hus und SmooVth so großen Wert legen. Verantwortlich zeichnen unter anderem Tape Roc, AGQ, Ialone und Langzeitkumpel Kryptonite. Thematisch passiert erwartungsgemäß nicht viel, doch es passiert genug: die Strangerz inszenieren ausführlich ihren eigenen Swag, berichten vom täglichen Struggle und rücken beizeiten auch das in einer Jazz-/ Soul-Expedition unumgängliche Thema Liebe in den Mittelpunkt. Das alles geschieht mit einer selbstverständlichen Coolness, die das Album noch mehr als entspannte Sommer-Begleitung empfiehlt. Die Strangerz setzen dabei weniger auf einzelne Highlight als auf ein kompaktes Gesamtbild auf hohem Niveau, das ohne Patzer auskommt. Ein wesentlicher Charakterzug liegt im Wesen der Strangerz: Ihr Album klingt nicht zwingend wie das eines Trios, sondern wie die Zusammenarbeit zweier Rapper (Tha Connection) mit Marvelous Mag, der mit Hooks und Raps mehr Einsatzzeit bekommt und sich dabei noch merklich von seinen zwei Kollegen abhebt. Und die Rechnung geht auf: Tracks wie "So Slow" schippern unaufgeregt aber gut vor sich hin und bekommen einerseits punktgenau gesetzte Raps als auch einen fröhlichen, einprägsamen Refrain aufgesetzt. Die Ruhe selbst ist "Help", das nach dem aufwühlendsten Tag jegliche Gemüter beruhigen kann. Das sollte auch "Inspiration" gelingen, einem charmanten Love-Song, der in "Know Me" einen geistigen Bruder findet. Dem "Game Of Life" verschriebene Tracks sind "Get Like This", "Trouble" und "Smoke To Me", das mit Asia noch eine fähige weibliche Akteurin auf den Plan ruft. Die Auszeichnung für die besten beigetragenen Beats krallt sich Tape Roc, der einmal in "Makin' Moves" roh auftischt und mit "The Way" das unumstrittene Highlight der LP zsuammenzimmert: Die stetig pumpende Bassdrum (ein Charakteristikum der LP) bekommt Gesellschaft von ein wenig Klavierspiel und fertig ist einer der entspanntesten Tracks des Jahres.

Dieses Album kombiniert gleich zweierlei heutzutage schwer zu findende Eigenschaften: Es ist so relaxt wie wenige andere Platten der letzten Zeit, gleichzeitig aber weckt es mit seinen unverfälscht groben Flair, den man von Tha Connection bereits kennt, Erinngerungen an die goldene Ära. Der Stil von Tha Connection scheint klar durch und bekommt dank Marvelous Mag eine neue Facette verpasst, die den Charakter des Albums ausmacht. Zwar halten sich die Highlights in Grenzen, dafür lässt sich "2nd To None" am Stück durchhören und ist die perfekte Medizin, um nach einem langen Arbeitstag abzuschalten.

6.5 / 10

Vinnie Paz - Season Of The Assassin


Release Date:
22. Juni 2010

Label:
Enemy Soil

Tracklist:
01. Intro
02. Beautiful Love
03. Monster's Ball
04. Pistolvania (Feat. Freeway & Jakk Frost)
05. End Of Days (Feat. Block McCloud)
06. Righteous Kill
07. No Spiritual Surrender (Feat. Sick Jacken)
08. Street Wars Feat. Clipse & Block McCloud)
09. Ain't Shit Changed (Feat. Lawrence Arnell)
10. Aristotle's Dilemma
11. Kill 'Em All (Feat. Beanie Sigel)
12. Keep Movin' On (Feat. Shara Worden)
13. Brick Wall (Feat. ILL Bill & Demoz)
14. Role Of Life
15. Nosebleed (Feat. R.A. The Rugged Man)
16. WarMonger
17. Paul And Paz (Feat. Paul Wall & Block McCloud)
18. Bad Day
19. Washed In The Blood Of The Lamb
20. Drag You To Hell
21. Same Story (My Dedication) (Feat. Liz Fullerton)

Review:
Die Jedi Mind Tricks genießen dieser Tage Legendenstatus, eine breitgestreute Anhängerschaft und sind außerdem Aushängeschild für Hardcore-HipHop. Da Stoupe die Öffentlichkeit weitesgehend scheut, ist das Gesicht, das man mit JMT verbindet, das von Vinnie Paz, der reimenden Hälfte des Duos. Dank seiner Mentorrolle in der Army Of The Pharaohs und reger Feature-Freude über die letzten Jahre ist der Emcee selbst ohne Soloalbum ein mehr als nur geläufiger Name. Als eines der ersten Releases aus der Küche des neuen Labels Enemy Soil will es der pazmanische Teufel wohl aber doch wissen und veröffentlicht "Season Of The Assassin".

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Man möchte es kaum glauben, doch es ist das erste vollwertige Projekt, bei dem Vinnie keine Rückendeckung von Stoupe erhält. In der überwiegenden Freude über dieses "endlich" erscheinende Soloalbum drängt sich mir in erster Linie die Frage auf, ob die Welt hierauf wirklich gewartet hat. Letztes Jahr stellte Babygrande schon eindrucksvoll unter Beweis, dass selbst das einstmals wesentlich gefordertere und inzwischen schon wieder vergessene Producer-Album von Stoupe kein Schwein brauchte - ob Stoupe mit Herz und Seele bei diesem Projekt dabei war, ist eine andere Sache. Bei Vinnie kann man jedenfalls davon ausgehen, dass er vollste Kontrolle über das Projekt hatte, weswegen die Samthandschuhe nicht gebraucht werden. Als Vertretung seines JMT-Kollegen lässt er jedenfalls eine saftige Lineup auflaufen, die von 4th Disciple und Bronze Nazareth bis hin zu Lord Finesse, Shuko, Madlib oder DJ Muggs reicht. Für den Hörer gibt es ganze 21 Tracks, was den direkten Vergleich zu JMT-Alben aufbringt, die abzüglich Interludes immer weitaus kompakter gehalten waren. Doch selbst das bewahrte das jüngste Werk ("A History Of Violence") nicht davor, den Hörer zu ermüden. Es ist kein Geheimnis, dass Vinnie's Flow sowie seine Lyrics seit den frühsten Tagen verkümmert sind, dass seine Stimme und sein ganzer Stil schwerfälliger klingen. Das gibt er selbst zu ("I'm slow but I realized, that's my best pace"), so leicht schönreden lässt es sich leider nicht. Fakt ist, dass Vinnie einen Teil seiner Klasse eingebüßt hat, dass ein 21-Tracks-Album zu viel des Guten ist. Da helfen auch die vielen Gäste - ob die überhaupt passen, sei dabei noch ganz außen vor gelassen - nicht. Trotzdem hat man es keinesfalls mit einem schlechten Album zu tun, wofür man den Produzenten danken sollte. Schon in "Beautiful Love" deutet Shuko an, dass es einige Kracher zu finden gibt. Der eingeschlagene Weg ist weder JMT noch (wenn auch eher) AOTP. Mit einschlagenden Drumlines und der zu erwartenden Sample-Landschaft wälzt sich Vinnie über krachende Kopfnicker und einige nachdenkliche Tracks. Im Anfangsteil geht es grob her: "Pistolvania" ist ein Paradebeispiel, wie ein Song einen primitiven Eindruck hinterlässt und zudem die falschen Gäste auf den Plan ruft. "End Of Days" führt mit Block McCloud den wichtigsten Nebendarsteller: Der zum Sänger umfunktionierte Block windet sich hier noch elegant durch Sicknature's Piano-Unterlage und trägt positiv bei, im plumpen "Street Wars" dagegen tritt er dem Hörer mit seinem Geheule schon nach wenigen Sekunden mächtig auf den Schlips. Gleiches gilt auch für "Paul & Paz", das als Song übers Geldschäffeln allgemein keine gute Idee war. Doch es geht noch schlechter: Das Duo Fame/ Paz quält das Publikum mit "Warmonger" und das synthieschwere, mit austauschbarer Hook bedachte "Ain't Shit Changed" will man von einem Pazman nicht hören. Auch sonst ist nicht alles perfekt: DJ Muggs und Lord Finesse liefern nur Standardware, was "Righteous Kill" und "No Spiritual Surrender" dann auch den Einzug ins Langzeitgedächtnis verwehrt, "Kill 'Em All" ist mit unpassendem Gast besetzt und zu gezwungen dramatisch aufgestellt. Ein dickes Argument für die Scheibe gibt es von Madlib, der ELO's "Mister Kingdom" für "Aristotle's Dilemma" verarbeitet; bezeichnend für Bronze Nazareth's derzeitige Klasse ist außerdem, dass der Detroiter allen anderen Beat-Bastlern mt "Roll Of Life" mehrere Wagenlängen voraus ist - da kann auch 4th Disciple nicht mithalten. Auf Seiten der "deepen" Tracks rumpelt Vinnie wehmütug über "Keep Movin' On" und den eigenen Werdegang, während "Same Story" als Erzählung über die Rolle seines Stiefvaters wirklich ergreifend ist, gleichzeitig aber trotzdem dadurch enttäuscht, dass die originale, von Anno Domini produzierte Version dank ungeklärter Samples einer seichteren und weitaus schwächeren weichen musste.

Die Beurteilung dieses Albums führt zur Betrachtung der voranschreitenden (wenngleich derzeit hauptsächlich kontinentalen) HipHop-Globalisierung: Muss es denn wirklich sein, dass jeder Künstler auf seinem Album Gastbeiträge von Hinz und Kunz, von der halben HipHop-Gemeinde auffährt? Wieso steuert eine Szene, die sich einst durch einzelne Camps und Gruppen und deren eigene Sounds auszeichnete, so bereitwillig in einen einheitlichen Brei hinein? Im Falle Vinnie Paz ist es wohl jedoch vollkommen egal, da sich auch die JMT erschöpft haben und Vinnie's beste Zeit vorbei ist. In den Reihen der vielköpfigen AOTP fällt das weniger auf, bei einem voluminösen Solo wie diesem durchaus. Da Vincenzo die Situation sicher ganz anders beurteilt, sollte man auf keine wesentlichen Veränderungen bauen, sondern hoffen, dass bis zum nächsten Album zumindest ein wenig Reifezeit verstreicht, wenngleich mehr als das Niveau von "Season Of The Assassin" wohl nicht mehr drin ist. Hier retten einige starke Beats die Show.

6.1 / 10

Pacewon & Mr. Green - The Only Color That Matters Is Green


Release Date:
20. Juni 2008

Label:
Raw Poetic Records

Tracklist:
01. Four Quarters
02. Children Sing
03. The Eye of A Needle
04. I Need Money
05. Let A Shot Go
06. Who I Am
07. Hip Hop
08. Childhood (Feat. Cymarshall Law, Kosha Dillz & Marylou)
09. So Straight
10. Won on Won
11. She Be So Cold
12. The Joker

Review:
2005 entscheidet sich Mr. Green dazu, sein Hobby und seine Leidenschaft zu seiner Profession zu machen und macht sich somit zum Vollzeit-Producer. Einen Haufen Beats hat er zu diesem Zeitpunkt schon, es fehlen nur noch die hochkarätigen Emcees dafür. Dort hilft ein glücklicher Zufall, in diesem Fall in Form von Kosha Dillz, den Green bereits kennt und für den er einen Track produziert, auf dem auch ein gewisser Pacewon, allseits bekannter Vertreter der Jersey-Fraktion und Outsidaz-Mitglied, der mit seinen Solos seinen eigenen Hype verschlief und seine Karriere mit angezogener Handbremse fährt, vertreten ist. Über Myspace tauscht man sich aus und startet erste Aufnahmen, die so gut laufen, dass sich die ursprünglich geplante EP zum Album, "The Only Color That Matters Is Green", ausweitet.

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Für beide Beteiligten gibt es kaum etwas zu verlieren, aber viel zu gewinnen: Mr. Green ist so unbekannt, dass ein schlechtes Album schlichtweg ein Gleichbleiben seiner Situation zur Folge hätte, und Pacewon ist zwar alles andere als unbekannt, doch an der vordersten Front der Szene kämpft er auch nicht mehr. Vielleicht ist es gerade dieses Fehlen jeglichen Drucks, das die deutlich zu spürende Unbeschwertheit beider Akteure ausmacht. Green erklärt gleich zu Beginn der Scheibe mit einem Sample aus "He Got Game" den Ursprung des Titels: "You're black, I'm white, this is green. When making a business decision, the only color that matters is green." Es stellt sich heraus, dass dieser Geschäftszusammenschluss äußerst fruchtbar ist, wozu beide Beteiligten beitragen: Mr. Green ist zwar Schüler der klassischen BoomBap-Schule und hebt sich theoretisch nicht von der großen Masse ab, seine Instrumentals leben jedoch von ansprechenden Ideen und liebevoller Umsetzung und setzen sich schlichtweg dadurch von der grauen Masse ab, dass sie besser sind. Pacewon ergänzt seinen Partner mit einer tiefen, warmen und die Tracks ausfüllenden Stimme, die ihre gesprochenen Inhalte mitunter auf das Treiben der HipHop-Szene lenkt: Mit einer dumpfen Drumline und simpelsten Klavierakkorden gibt "Who I Am" ein Musterbeispiel für Green's Produktionsarbeit ab: einfach und doch einprägsam. Dazu passend schwelgt Pace in Erinnerungen über die großartigen, prägenden, vergangenen Zeiten der HipHop-Kultur, ohne als nörgelnder Nostalgiker zu enden. Diese Thematik kann sogar noch einen weiteren Song abgeklopft werden, wenn in "Hip Hop" ein MC-Shan-Sample den noch simpleren, hohen Klaviertönen aufsitzt und Pace sich als Bewahrer der Kultur gibt. "The Eye Of A Needle" bezieht seinen Reiz aus seiner Drumline, die erneut mit dumpfen Snares ausstaffiert wurde, was Pacewon zu etwas Street-Talk animiert. Die Notwendigkeit von Gast-Raps spürt man so selten, wie Gäste zugegen sind, wobei "Childhood" ein gelungenes Zusammenspiel der Jersey-Emcees darstellt. Ebenfalls persönliche Texte gibt es in "So Straight", das vorführt, dass selbst Mr. Green nicht jeden Beat zum Highlight frisieren kann. "The Joker" dagegen ist eine mittelmäßige Vorstellung von Pace, der seinem halbernsten Beef mit Eminem einen weiteren, lauwarmen Diss-Track hinzufügt. Den Rest der Tracks meistert Pace besser, als zum Beispiel das mit monumentalem Bläser-Ensemble versehene "Let A Shot Go" oder die Piano-Sause "I Need Money", in der Pace mit ein wenig Sarkasmus den Titel unterhaltsam ausführt. Die zwei herausstehenden Highlights der Platte auszumachen, fällt nicht schwer: "Children Sing" schafft es so galant, trotz gechopptem Kinderchor in Dauerschleife, den Kitsch zu umsegeln und als astreines Brett zu enden, "She Be So Cold" dagegen bemüht einmal mehr das Klavier und baut darauf grandios ein White-Stripes-Sample, was Pace mit einer eigentlich banalen, aber schön erzählten Story über ein sich zierendes Date bedenkt.

Man möchte es kaum glauben, dass mit so herkömmlichem BoomBap noch dermaßen gute Alben aufgenommen werden können. Pacewon und Mr. Green beweisen, dass die ausgelutschte und tot getrampelte Formel bei richtiger Umsetzung immer noch funktionieren kann. Nicht umsonst war ihr gemeinsamer Longplayer eines der in Underground-Kreisen am meisten gelobtesten Releases des Jahres, nicht umsonst erhielt es durchwegs gute Noten. Die positive Resonanz wird wohl selbst für Pace und Green eine Überraschung gewesen sein, denn letztendlich erzielte "The Only Color That Matters Is Green" die bestmöglichen Auswirkungen. Zwar sind durchaus zwei bis drei Tracks vernachlässigbar, was aber vom Gesamteindruck geschluckt wird und der sehr guten Bewertung nur eine kurze Überlegung vorschiebt. Der Nachfolger, "The Only Number That Matters Is Won", darf kommen.

7.6 / 10

Dev Rocka - The Night Shift


Release Date:
25. September 2007

Label:
Good Hands Records / Traffic Ent.

Tracklist:
01. Intro (Feat. Kawshen)
02. Us Against The World (Feat. Mr. Eon & Charon Don)
03. Relax (Feat. Maylay Sparks)
04. Slum Hustler (Feat. State Store)
05. Sky High (Feat. Chief Kamachi)
06. Say What? (Feat. Charon Don)
07. Dutches & Phillies (Feat. NY Rhyme Exchange & Reef The Lost Cauze)
08. Curtains (Feat. Planet Asia & Reef The Lost Cauze)
09. Hood Shit (Feat. Broady Boy Ace)
10. Rap Circus (Feat. Kawshen, Krumb Snatcha & Broady Boy Ace)
11. Observers (Feat. Charon Don & Killah Priest)
12. Ain't No Holding Back (Feat. Granz)
13. Vocab & Knowledge (Feat. Drac, Mic Wrecka, Madman & Broady Boy Ace)
14. In The End (Feat. Reef The Lost Cauze)
15. Captivating (Instrumental)

Review:
Was schon 2007 abzusehen war, darf nun, zweieinhalb Jahre später, bestätigt werden: Dieses Album kam, sah sich mit Nichtbeachtung konfrontiert und wanderte direkt in die Versenkung. Für alle, an denen es vorbeigezogen ist, sei es nochmals für einen Moment ins Rampenlicht gestellt. Denn 2007 begab es sich, dass ein der Szene unbekannter Produzent sein Debüt veröffentlichte. Die Rede ist von Dev Rocka, geboren und aufgewachsen in Philadelphia und derzeit sesshaft in Brooklyn, der davor lediglich auf dem Debüt von Chief Kamachi" produzierte, für "The Night Shift" aber eine recht ansehnliche Gästeliste zusammentrommeln konnte.

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Der Großteil der Emcees, die er für seine Instrumentals gewinnen konnte, stammt aus seiner Heimat, weswegen "The Night Shift" prinzipiell als Philly-Platte gesehen werden kann. Dank Good Hands finden sich außerdem noch einige externe Gäste. Deren Zahl ist glücklicherweise klein genug, um die LP nicht ins Feld der gewöhnlichen, beliebigen Producer-Alben mit Allerwelts-Lineup abrutschen zu lassen. Denn auch wenn man es auf den ersten Blick nicht vermuten mag: Dev Rocka schlägt seine produzierenden Mitstreiter jenes Jahrgangs (an der Zahl nicht wenige) mit einigen Längen Vorsprung, da er genau das befolgt, was ein Producer-Album zum Erfolg macht: Er nutzt seinen Sound, um für einen roten Faden und ein Album-Feeling zu sorgen. Dieser Sound wiederum klingt erfreulich ostküstlich, was schließlich keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Um die Nachtschicht totzuschlagen, webt Dev ein dichtes Gestrüpp, in dem Streicher dominieren und von schweren Bässen sowie schlichten Drumlines unterlegt sind. Zudem betreibt der Regisseur mit seinen Instrumentals ein starkes Tennisspiel der Stimmungen - die melancholisch-tristen Paradestücke ostküstlicher BoomBap-Kunst folgen den nach vorne dirigierten Kopfnickern auf Schritt und Tritt. Die Emcees erledigen den Rest: Zumeist ein Teil der JuJu Mob oder der Black Opz, besinnt sich die Philly-Fraktion darauf, nach altbewährtem Muster Street-Raps zu kicken, während die wenigen Gäste sich nahtlos einfügen: In "Curtains" beispielsweise rezitieren PA und Reef aus dem Straßenkodex, als wären sie schon seit Jahren Rap-Brüder, was Dev Rocka zu einem hervorragenden Beat, der mit pochenden Drums und betrübtem Piano-Loop punktet, motiviert. Als Kontrastprogramm wird direkt im Anschluss mit "Hood Shit" ein Representer eingespielt, der zeigt, dass auch in den unbekannten Reihen der Philly-Emcees Können beheimatet ist. Wenngleich die düsteren Tracks zweifelsohne die bessere Seite der LP sind, legt Dev noch ein anderes Highlight vor, nämlich Maylay Sparks' "Relax" (mit einem Sample, das schon die Money Boss Players veredelten), dessen Titel gar nicht besser hätte getroffen werden können, das unsäglich viel gute Laune verbreitet und zudem auch noch lyrisch einiges zu bieten hat. Kurz darauf versinkt die LP wieder in den nächtlichen Straßen von Philly: "Say What?" ist eines dieser Stücke, die sich nach anfänglicher Unscheinbarkeit erst nach zigfachem Hören öffnen, wenig später remixt Dev Charon's "Observers" und übertrifft sich selbst und das Original mit packendem Streicherteppich, das die starken Raps ("I can either lose fate or choose to wait / 'Cause the new debate is who will choose your fate / And poor people don't make the decision / Poor people just hate to be living") noch besser untermalt. Auf Augenhöhe damit ist Chief Kamachi, dem in "Sky High" für seine Story über eine Drogensüchtige genau die kraftvolle, aber schwermütige Note verliehen wird, die so gut zu ihm passt. "Ain't No Holding Back" grüßt mit kalter Coolness, "Us Against The World" mit der richtigen Prise Eastcoast für den Einstieg. Was nun noch fehlt, ist ein starker Abschluss, für den Dev noch einige Trümpfe im Ärmel hat: Reef The Lost Cauze rappt in "In The End" über atmosphärische und schwer wehmütige Streicher, die einen Trauerzug hätten begleiten können, in "Vocab & Knowledge" wird gekonnt auf die stolz betriebene Verdummung der HipHop-Szene hingewiesen ("In case you hadn't noticed / Somehow it's uncool to sound like you know what you're talking about ") und mit "Captivating" schließlich setzt Dev Rocka im Alleingang einen wunderschönen Schlusspunkt.

"Nuff respect to Brooklyn, but this time Philly fuckin' took it" sagt Granz in seinem Auftritt kurz und bündig. Dabei ist es nicht so, dass Dev Rocka ein Ausnahmetalent wäre. Er hat bei seinem Debüt einfach begriffen, worum es bei einem Producer-Album wie diesem geht. Die Gäste sind hervorragend gewählt, der Sound ist weder zu einseitig noch zu beliebig, erinnert ebenso an die Neunziger wie er auch seinem Jahrgang als gutes Beispiel vorangeht, wie die Ostküste mit ihrem Markenzeichen, dem klassischen BoomBap, immer noch funktionieren kann. Dass dieses Album so verschlafen wurde, ist eine Schande. Doch damit ist "The Night Shift" eine dieser Scheiben, auf die man irgendwann stoßen und sich über die gebotene Musik freuen kann.

7.8 / 10

Lewis Parker & John Robinson - International Summers


Release Date:
02. Juli 2010

Label:
Project Mooncircle

Tracklist:
01. Summer Begins
02. International Summers
03. Planes Trains Automobiles (Feat. Stahhr, Cymarshall Law & 4RCE)
04. Holiday Songs (Feat. Renee Neufville)
05. Harlem River Drive (Feat. Angelz INC.)
06. Warrior Princess
07. Godz ILLA (Feat. East Koast, Tah Born, I.D. 4 Windz & Dynas)
08. Dues Paid
09. Ebony Godfathers
10. Views And Perspectives In Sound (Feat. I.D. 4 Windz & Dynas)
11. Enter The Cosmos
12. Dangerous Love Affair
13. Summer Ends

Review:
Project Mooncircle ist nicht nur Heimatstätte einiger kreativer Künstler, es bringt selbige auch zusammen. Mit dem Ergebnis einer solchen Synthese sieht man sich hier konfrontiert: Lewis Parker trifft auf John Robinson. Letzterer fühlt sich bei seiner neuen, deutschen Label-Heimat sichtlich wohl, was nicht zuletzt seine jüngsten Werke belegen. Ersterer gilt nicht erst seit gestern als einer der talentiertesten Produzenten von der Insel, der seiner Leidenschaft schon seit Teenager-Tagen nachgeht. Unlängst veröffentlichte er die EP "The Unseen Trap", die einen ersten Vorgeschmack der Zusammenarbeit der beiden auf Albumlänge, die man nun in Form von "International Summers" vor sich hat, gab.

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Das gemeinsame Ziel ist herzlich unspektakulär: Im Sinne der verblassenden Kultur will man dem Hörer "that warm feeling you used to get when you hear that next level HipHop vibes pumpin in your speakers" zurückbringen. Der Titel mag dabei sowohl ein Hinweis auf allgemeine Gültigkeit der gebotenen Musik als auch eine Andeutung der US-UK-DTL-Connection sein, die dieses Album ausmacht. Ob das ganze Projekt allerdings dem Reifeprozess unterworfen wurde, der nötig ist, bleibt fraglich, schließlich haben beide Beteiligten einen dicht gestrickten Termin- und Release-Kalender, LP hat immerhin gar nicht lange vor "The Unseen Trap" mit "The Big Game" den ersten Teil seiner "Puzzle"-Serie veröffentlicht. So ist es nicht groß verwunderlich, dass er mit seinen Instrumentals zumindest teilweise etwas den Tiefgang vermissen lässt, den man sich von einem Kopf wie ihm wohl erhofft hätte. Doch keine Sorge, der Sommer von LP und JR ist weit entfernt davon, verregnet zu sein: Es regieren die Tugenden der goldenen Ära, denen Lewis galant teils jazzige, teils soulige Noten verpasst, um den Gesamteindruck in eine relaxte, gute Laune schürende Atmosphäre zu trimmen, die ihrem Titel gerecht wird. Am Mic lässt sich den beiden Meistern auch kaum etwas vorwerfen, vor allem Mr. Robinson ist es wieder einmal, der mit seinem hell-rauchigen Organ fantastische Lines kickt. Was aber bei den Produktionen schnell auffällt, ist eine nicht vorhandene Abwechslung bei LP's Drumlines. Das wäre kein Beinbruch, klängen seine Snares nicht in vielen Tracks unüberhörbar gefühllos. Sei es nun das von tiefen Hörnern beschallte "Godz ILLA" oder das weitgehend harmlose "Holiday Songs": Ein wenig mehr Saft und Seele hätten an den Percussions nicht geschadet. Man merkt schon - wenn man sich über diesen Mangel so breit auslassen muss, kann die Scheibe nicht verkehrt sein. Denn in der Tat ist der Rest größtenteils gelungen: Sax, Trompeten und klassisch ostküstliche Streicher färben das smoothe Klangbild, das trotz dem expliziten Verweis, eine Rückkehr zum guten alten BoomBap zu sein, meist vor Langeweile gefeit ist. Intro und Outro verzeiht man ihren unspektakulären Charakter, denn dazwischen wartet das warme "Dangerous Love Affair" mit unterhaltsamem Storytelling oder "Harlem River Drive" in edlem Streicherkostüm. Während das Reisejournal "Planes, Trains, Automobiles" ebenso wie "Warrior Princess Gefahr laufen, den Biss zu verlieren, spielen JR unr LP andernorts in oberster Liga: "Dues Paid" ist melancholisch, stimmungsvoll und zeigt einen JR in Hochform: "This what happend, he got down with the man with the golden sound / And conjured up a new style that was so profound".

Project Mooncircle entwickelt sich mehr und mehr zum niveauvollen Nischenlabel. Mit diesem neusten Projekt fügen sie ihrem Katalog einen weiteren Eintrag hinzu, der einerseits mit zwei weithin angesehenen Namen wirbt, andererseits aber für sich selbst spricht. Dass mehr drin gewesen wäre, bleibt trotzdem kaum zu leugnen. In einigen Momenten scheint Lewis Parker den Fokus zu verlieren und lässt seine Beats vom rechten Weg ins Feld der Unauffälligkeit abkommen. Am Mic und mit einer guten Gäste-Wahl wird das meist kaschiert, hindert "International Summers" aber daran, in die Nähe einer sehr guten Leistung vorzudringen.

6.7 / 10

Apollo Brown - The Reset


Release Date:
25. Mai 2010

Label:
Mello Music Group

Tracklist:
01. Our Time (Intro)
02. Hungry (Feat. Rapper Big Pooh & Black Milk)
03. Lower The Boom (Feat. Kenn Starr, Oddisee & Sareem Poems)
04. Beauty Of A Day (Feat. The Regiment)
05. Real Detroit (Feat. The Left)
06. Seasons (Feat. Stik Figa)
07. Brag Language (Feat. Buff1 & Magestik Legend)
08. Streets Won't Let Me Chill (Feat. Diamond District)
09. Balance (Feat. John Robinson & Kenn Starr)
10. Turn & Run (Feat. Medaphoar & Rapper Big Pooh)
11. Odds Ain't Fair (Feat. Hassaan Mackey)
12. Brainwash (Feat. yU, Grap Luva & Finale)
13. Just Think (Feat. Magestik Legend)
14. Propa (Feat. Oddisee & Tranquil)
15. Ghetto Soul Music (Feat. Declaime, Prince Po & Finale)

Review:
Am Strand der Producer erhebt sich ein neues Sandkorn: Apollo Brown kann bisher auf keine große Karriere zurückblicken, was seine Aufnahme in die Reihen des Produktionsteams der Mello Music Group nun aber ändern sollte. Nichtsdestoweniger schraubt der Herr aus Michigan schon seit Mitte der Neunziger Beats und ist nach der Abkehr von einer primitiven Audio-Software bis heute mit Cool Edit 2000 glücklich unterwegs. Ganz am Rande war er an der Gründung von Bronze Nazareth's Black Day In July Productions beteiligt, doch die Wege trennten sich und Apollo nahm sich eine Auszeit. 2010 soll nun sein großes Jahr werden, da "The Reset" nur das erste von drei Projekten sein soll, an denen er beteiligt sein wird.

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Ob man "The Reset" nun als offizielles Debüt betrachtet, darf jeder für sich entscheiden, schließlich setzt es sich nicht nur aus exklusivem Material, sondern auch aus Remixen zusammen. Die Hauptaufgabe, die es für Apollo zu bewältigen gilt, ist sowieso unabhängig von dieser Frage. Mit einer Tracklist, die zu großen Stücken die eines 08/15-Produzentenalbums ist, wird es nicht leicht für ihn, unter Beweis zu stellen, dass er mehr ist als nur einer von vielen, die ohne die nötigen Skills versuchen, ein Stück des Kuchens abzubekommen. Sein Glück versucht er nicht mit dem typischen Detroit-Sound, was nach seinem Beitrag zu Finale's Debüt aus dem Jahr zuvor durchaus vorzustellen wäre und schließlich doch in einigen Tracks durchscheint. Im Großen und Ganzen klingt Apollo Brown einfach nach frei heraus gelebtem BoomBap, was bekanntermaßen nicht zwingenderweise Langeweile zur Folge haben muss. Das scheint auch Apollo's Motto zu sein, schließlich schafft er es tatsächlich, jeden einzelnen Song ansprechend zu gestalten. Die Samples sind voll und ganz im üblichen Bereich angesiedelt, trotzdem liebevoll zusammengebaut und weiterhin mit prächtigen Drumlines versehen, die sich als eine von Apollo's Stärken herausstellen. Ganz besonders zu spüren bekommt man das in "Real Detroit", das natürlich nicht ohne etwas Motor-City-Flair und somit gesunde Bassdrum auskommt. Am Mic performt Journalist 103, Apollo's rappender Partner von The Left, der einen kleinen Vorgeschmack auf das bald erscheinende Album des Duos ("Gas Mask") gibt. Oft würzt Apollo seine Tracks mit Voice-Samples, gerne auch gepitcht. Dass er auch anders kann, zeigt er mit "Balance", für dessen entspannendes, geradezu psychedelisches Instrumental, das dem Hörer um die Ohren spielt, mit John Robinson der perfekte Gast gefunden wurde: "Usually a good idea to have this kid on your team / Cause he always rips it up, if you know what I mean / With such a laid-back style that's so calm and serene". Kritik an der Wahl der Emcees lässt sich nicht üben, da selbst Standardgäste wie Big Pooh eine saubere Show hinlegen - man höre den schönen, schlichten Kopfnicker "Hungry". Mit einem unbekannten Gesicht wie Stik Figa liegt man ebenfalls nicht falsch, die aus dem direkten Umfeld stammenden The Regiment sorgen in "Beauty Of A Day" für dreieinhalb angenehme Minuten und beim lokalen Kollegen Magestik Legend freut man sich, dass er u.a. in "Just Think von sich hören lässt. Apollo's Meisterstück ist jedoch "Brainwash", das den originalen Track vom Album seines Labelmates mit einem neuen, erheblich besseren Beat versieht, der dank voller Drumline und trotzdem enorm gefühlvollem Voice-Sample so schön klingt, dass man ganz unbewusst immer wieder auf der Replay-Taste landet. Zu guter Letzt wäre da noch "Ghetto Soul Music", das mit guter Aufstellung seine Punkte einfährt und das positive Bild der Scheibe unterstreicht.

Dieses Album riecht nach langweiligem Standardmaterial. Standardmaterial ist es zu einem gewissen Grad auch. Überraschend dabei ist, wie gut Apollo seinen Job macht. Natürlich muss man die Kirche im Dorf lassen - er ist definitiv nur eines von vielen Sandkörnern, keines, das man in irgendeiner Weise je als stildefinierend nennen würde, doch im Feld der Handwerker, die nach bewährten Methoden vorgehen, gibt es wesentlich schlechtere Producer. "The Reset" ist eine akkurate Vorstellung, die dem Hörer ein sehr gutes Bild von Apollo Brown vermittelt und beim einen oder anderen auch Interesse für dessen zukünftige Releases wecken sollte.

6.7 / 10