Sonntag, 30. Mai 2010

Spier1200 & Oktober - Pirate Radio


Release Date:
30. März 2010

Label:
Diamond Music Group / Cajo Communications

Tracklist:
01. Closed Fist, Open Eye
02. Peace No More
03. I Don't Want It
04. G.A.M.E.
05. What's The Difference (Feat. Bogata)
06. Cut Throat Society
07. Tri Boro (Feat. Big Twins & Eregulah)
08. Pirate Radio
09. Read My Writes
10. Concrete Flows
11. Out Field (Feat. Ace Lover & Grimz)
12. You Already Know
13. Extra Move
14. Hold Ya Head

Review:
Für Oktober alias Oktober Zero ist der Eintritt ins Jahr 2010 sehr geschäftig: Zuerst kommt sein Soloalbum bei Kings Link auf den Markt, kurze Zeit später schon dieses, leider nur digital erscheinende Projekt. Das heißt nicht, dass der NY-Rican aus der Bronx plötzlich in Geschäftigkeit aufblühte, das hier im Kreuzfeuer stehende Album ist schon seit Längerem geplant, ebenso wie der Draht zu Spier1200 nicht erst gestern geknüpft wurde. Der japanische Produzent machte bisher nur geringfügig auf sich aufmerksam, unter anderem mit einer LP mit dem Detroiter Finale als auch mit Arbeiten für L.I.F.E. Long. Als Mitglied von 2for5 war er außerdem für deren 2003er Album verantwortlich und somit bereits damals mit Oktober im Bunde. "Pirate Radio" kommt also keineswegs aus heiterem Himmel.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Um die Sendung zu empfangen, ist das Einstellen der Frequenz 1200FM vonnöten, um dem Konzept, das aus Oktober's Hand stammt, näherzukommen: Im Angesicht der facettenreichen Missstände der Gesellschaft empfiehlt es sich, zum HipHop-Piraten zu mutieren, Regeln und Vorschriften in den Wind zu schlagen, um wie auch immer gearteten Wohlstand zu erreichen. Wenn "Pirate Radio" allerdings wirklich alles ist, was Oktober an Rebellion gegen die Industry-Obrigkeit zu bieten hat, dann darf das HipHop-Piratentum so schnell begraben werden, wie es von Oktober ausgerufen wurde. Schon sein "The Devil Smokes Dimebags" litt an Ereignislosigkeit, das blinde Vertrauen in nur einen Producer in Form von Spier1200 ist da kaum förderlich. Während mir noch L.I.F.E. Long's starkes "Long" in den Ohren schallt, fällt auf "Pirate Radio" lediglich auf, wie sehr der Japaner den Beginn der Scheibe verschläft. Mit Ach und Krach kommt das Duo in den Bereich standardmäßigen bis langweiligen HipHops. Schließlich ist es auch nicht so, dass Oktober genügend PS in der Brust hätte, um schwache Instrumentals zu kaschieren. Wo man weiterhin ein großspuriges Entern der Industry inszenieren hätte können, klopft Oktober die herkömmliche Street-Themenpalette ab, was man nicht zuletzt schon auf "The Devil Smokes Dimebags" zu hören bekam. Das erdrückende Problem bei "Pirate Radio" ist jedoch, dass - so oft man sie auch anhört - die Beats von Spier1200 zum einen Ohr hinein- und zum anderen hinausrauschen, ohne Spuren zu hinterlassen. Man kann sich auf die Musik konzentrieren, wie man will, Tracks wie "I Don't Want It" zwingen die Aufmerksamkeit geradezu in andere Bereiche. Unglücklich auch der abrupte Start in "Closed Fist, Open Eye" mit einem mäßigen Voice-Sample, der schon die erste Assoziation mit der LP Richtung drückender Langeweile dirigiert. Eine Komponente, die dem Album sicherlich ein wenig mehr Reiz verliehen hätte, wären interessante Gäste, doch an dieser Stelle verlässt sich Oktober wieder größtenteils auf sich selbst. Das Zusammentreffen der "Tri Boros" bringt zwar keinen frischen Wind, aber zumindest einen Lufthauch. "G.A.M.E." ("Girls are my everything") soll als thematische Auflockerung und Abwechslung dienen, bis auf den simplen Chorus bleibt jedoch kaum etwas hängen - der Mann für markante Lines ist Oktober erwartungsgemäß nicht. So dümpelt Track um Track vorbei, wobei Spier1200 sich nicht unbedingt der falschen Samples bedient, diese aber zu unaufregend in Szene setzt. "Peace No More" ist zu trocken, dem an sich soliden "Cut Throat Society" fehlt wie so vielen Tracks der Kick. Erst ganz zum Schluss wachen beide Protagonisten für "Extra Move" auf, das auf einmal mit trübem Eastcoast-Sound genau das zeigt, was man sich von Anfang an gewünscht hätte, da selbst Oktober mit seinen Phrasen von der Stange plötzlich schwer in Ordnung klingt. Auch "Hold Ya Head" - diesmal ein relaxt-sommerlicher Kopfnicker - setzt den positiven Trend fort.

Theoretisch sind Oktober und Spier in der Lage, ein gutes Album zu erschaffen. Doch wer erst anfängt, genau das zu zeigen, wenn die Hälfte des Publikums schon im Halbschlaf aus dem Saal gewandelt ist, der macht etwas falsch. Davor ist "Pirate Radio" nämlich ganz und gar nicht vogelwild, sondern ein Bildnis eines austauschbaren NY-Albums der neueren Zeit, das gut als Hintergrundmusik taugt, aber wenig hermacht. Es ist eines dieser Alben, das nicht wirklich schlecht ist und dem man auch nicht besonders viel vorwerfen kann, außer die schwerwiegende Wahrheit, nämlich seine Langeweile. Mit einem hier und da aufblitzenden, versteckten guten Akzent und dem gelungenen Abschluss schaffen es Oktober und Spier1200 knapp, den Anschluss ans qualitative Mittelfeld zu halten.

4.8 / 10

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