Sonntag, 23. Mai 2010

Mobb Deep - Hell On Earth


Release Date:
19. November 1996

Label:
Loud Records

Tracklist:
01. Animal Instinct (Feat. Ty Nitty & Twin Gambino)
02. Drop A Gem On 'Em
03. Bloodsport
04. Extortion (Feat. Method Man)
05. More Trife Life
06. Man Down (Feat. Big Noyd)
07. Can't Get Enough Of It (Feat. General G)
08. Nighttime Vultures (Feat. Raekwon)
09. G.O.D. Pt. III
10. Get Dealt With
11. Hell On Earth (Frontlines)
12. Give It Up Fast (Feat. Big Noyd & Nas)
13. Still Shinin'
14. Apostle's Warning

Review:
Eineinhalb Jahre sind seit "The Infamous" vergangen. Man befindet sich im Jahr 1996, einem der letzten Glanzjahre der rohen HipHop-Schule der Ostküste, in der sich Mobb Deep mit ihrem schnell als Klassiker gefeierten zweiten Album unmittelbar in leitende Positionen katapultierten. Auf einmal stehen sie als Mitverantwortliche im Ost-West-Beef da und Opponenten wie u.a. Tupac gegenüber. Keine Zeit, Schwäche zu zeigen, was sich mit dem inzwischen dritten Album zeigen sollte. Der große Unterschied: Auf "Hell On Earth" lasten - ganz im Gegensatz zu "The Infamous" - nicht gerade niedrige Erwartungen.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Der Weg, für den sich Havoc und Prodigy entscheiden, ist der absolut richtige. Keine Experimente, sondern eine Fortführung des 1995 eingeschlagenen Pfads wird für "Hell On Earth" gewählt. Dafür nimmt Havoc die Produktionsarbeit komplett in die eigene Hand, während sich am Bild der Gäste nicht viel ändert, ausgenommen die Infamous Mobb, die nun auch mitmischt, um bekanntermaßen später einen festen Teil der Infamous-Familie auszumachen. Doch wozu groß umschreiben, wenn Havoc es selbst auf den Punkt bringt: "You know how we did on The Infamous album, right? So we gon' do it again, son." Mehr Worte braucht es nicht, den Rest sagen Havoc's charakteristisch scheppernde Snares, Prodigy's eiskalte Stimme, die nichts von ihrer "The Infamous" so stark machenden Schärfe verloren hat, und die Gesamtatmosphäre, die Havoc diesmal noch enger schnürt, um den östküstlichen Hardcore-Maßstab neu zu definieren oder ihm zumindest eine neue Facette hinzuzufügen. Finstere Streicherkompositionen und wehklagende Piano-Loops sind sein Werkzeug. Der Sounndtrack zur Hölle auf Erden ist der Sound der 41st Side und ihrer dunklen Hintergassen. So ist der Kampf an der Projects-Front ein schwer melancholischer, in dem Prodigy den Schmerz vieler Jahre Straßenleben transportiert. Ganz gleich, ob er dabei nun lügt oder nicht, seine Raps auf der LP klingen einmal mehr so authentisch, wie es wenige andere Emcees je zustande gebracht haben. Selbst bei Hav hört man, dass er sich Mühe gibt, mehr als der Statist zwischen P's Einsätzen zu sein, was ihm auch gelingt. Inhaltlich ist die Scheibe natürlich durchgehend dünn: Streetlife, beleuchtet aus allen Winkeln, das mag dem einen oder anderen zu wenig sein, doch es passt wie die Faust aufs Auge und wird dank der Klasse der Emcees auch nie langweilig. In "More Trife Life" gibt es sogar ein wenig Storytelling: In dem Havoc-Solo führt ein Anruf einer alten Bekanntschaft in eine verhängnisvolle Falle. Ansonsten jedoch sind es Hav und P, die austeilen: "Drop A Gem On 'Em" ("Now you wanna go at my team / You must've been drunk when you wrote that shit / Too bad you had to did it to your own self / My rebellion, I retaliate, I had the whole New York state aimin' at your face") ist eines der Zugpferde der Scheibe, was aufgrund des genialen Piano-Loops, der rohen Drumline und der scharfen Worte Richtung Tupac nicht ungerechtfertigt ist. Über die Gäste muss nicht viel gesagt werden: Die Kollegen aus dem Eastcoast-Heeresstab (Nas und die beiden Wu-Tangs) sind über jeglichen Zweifel erhaben, die eigene Clique - Noyd, General G (später Illa Ghee) und IM3 - dienen als stärkende Lakaien, die wie im eröffnenden "Animal Instinct" nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig auffallen. Highlights auszumachen, fällt bei "Hell On Earth" wohl noch schwerer als beim Vorgänger, da die Scheibe ihre Perfektion als kompakte Einheit anstrebt. "G.O.D. Pt. III" bedient sich dabei des dramtischen "Tony's Theme" (Scarface), "Still Shinin'" gehört zum bärenstarken Schlussteil und geleitet Willie Hutch's Soul-Stimme in ungeahnt raue Sphären. Nach einem düsteren "Nighttime Vultures" und "Get Dealt With" (mit herrlich schwermütigem Instrumental) beschließen IMD ihr Album mit "Apostle's Warning", einem weiteren sagenhaften Manifest ihres unschlagbaren Erfolgsrezepts.

Ist es ein Verbrechen bzw. ein würdiger Kritikpunkt, sich im Vergleich zum vorigen Album kaum weiterzuentwickeln, wenn der Vorgänger "The Infamous" heißt? Mobb Deep schaffen mit diesem Zweitwerk ("Juvenile Hell" nicht berücksichtigt), was kaum ein anderer Künstler geschafft hat: Sie fangen genau die Atmosphäre, die den vorangegangenen Klassiker zu einem ebensolchen machte, ein und kreieren somit einen qualitativ ebenbürtigen Nachfolger, der sogar noch kompakter wirkt. Es ist kein Wunder, dass "Hell On Earth" von vielen Fans als bestes Mobb-Album angesehen wird - "The Infamous" hat den Klassikerstatus nur fester gepachtet, weil es zuerst da war. Nüchtern betrachtet ist "Hell On Earth" die bestmögliche Fortsetzung und auf Augenhöhe mit dem Vorgänger.

9.9 / 10

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