Mittwoch, 28. April 2010

Sadat X - Wild Cowboys II


Release Date:
23. März 2010

Label:
Fat Beats Records

Tracklist:
01. Return Of The Bang Bang
02. Turn It Up (Feat. Pete Rock)
03. In Da Jungle (Feat. A.G.)
04. Nuclear Bomb
05. Still On Deck (Feat. Twan)
06. Roll That (Feat. Rhymefest)
07. Wherever (Feat. Shabaam Sahdeeq)
08. Swerv (Feat. Swerv)
09. Pray (Feat. Kurupt, Umi, M-1 & Sir Jinx)
10. We Kewl (Feat. Twan & Sean Black)
11. Knock Me Down (Feat. Kim)
12. Long Years (Feat. Grand Puba & Lord Jamar)
13. Bargain With The Devil (Feat. Vast Aire)
14. Everybody Know (Feat. Money Boss Playas)
15. X And Bill (Feat. Ill Bill)
16. Last Time Out (Feat. Twan & Sean Black)

Review:
Als wäre der Hang zur 90er-Nostalgie in ostküstlichen HipHop-Kreisen nicht schon groß genug, scheint jetzt auch noch ein weitläufiger Trend der Sequels einzusetzen. Einer der Täter ist Sadat X, der in den letzten Jahren ohnehin sehr releasefreudig war. Nachdem er für jedes seiner neueren Alben das Label wechselte, ist er diesmal bei Fat Beats gelandet, wo er das dritte Album im Zeitraum von eineinhalb Jahren veröffentlicht. Zu einer gepflegten Sequel gehört natürlich auch ein Wiedersehen mit den am ersten Teil Beteiligten, weswegen man auf "Wild Cowboys II" u.a. Diamond D, Pete Rock, Buckwild und Money Boss Players antrifft.

WRITTEN FOR Rap4Fame
 
Nachdem er seine letzten beiden Alben von nur jeweils einem Produzenten arrangieren ließ, ist Sadat wohl zur Erkenntnis gekommen, dass er, um ein wirklich bemerkenswertes Album zu veröffentlichen, die Hilfe mehrerer Größen benötigt. Denn sowohl "Brand New Bein'" als auch "Generation X" kamen und gingen, ohne große Spuren zu hinterlassen. Doch das wird sich anzunehmenderweise auch mit "Wild Cowboys II" nicht ändern; wieder hat man es mit einem dieser 90er-Retro-Alben zu tun, die keine neuen Akzente setzen. Das ist nicht verkehrt, aber wer sich nicht gerade als Fan des Nubians bezeichnet, dem vergeht nach dem x-ten Alben die Motivation. Zumindest die richtige Stimmungslage hat der Emcee gefunden: Funky-fröhliche Töne begrüßen den Hörer in "Return Of The Bang Bang", von Will Tell schlicht produziert. Wer die letzten Alben verpasst haben sollte, der hört sofort, dass Sadat sich kein Stück verändert hat - seine einmalig-helle Stimme wird immer noch vom gleichen Flow eskortiert. Ein Problem hat der 41-Jährige mit seiner Rolle keinesfalls: "I might be old enough to be your dad, but I'll beat you when I'm mad" - genau die richtige Einstellung. Inhaltlich passiert zwar nicht viel, doch mit Veteranenbonus und einem Hauch Sarkasmus ab und an hält Sadat die Hörerschaft bei Laune - diejenigen, die ihn noch nie mochten, natürlich ausgeschlossen. Die Weisheit, die ihm zur Wahl guter Beats verhilft, scheint er jedoch noch nicht gewonnen zu haben, schließlich tummeln sich neben den gelungenen Stücken auch auf dieser Scheibe einige waschechte Schlaftabletten - Dub Sonata's "Knock Me Down" zum Beispiel will in Kombination mit Dat's Hook absolut nicht ziehen. Hoffnungslos langweilig auch die eigentlich vielversprechende Kollabo mit den Money Boss Players in "Everybody Know". Solche Tracks stören den Fluss der LP gewaltig, die eigentlich mit solidem bis gutem Material überzeugen könnte: Spinna's "Still On Deck" mit verzerrten E-Gitarren stimmt ebenso wie das von Buckwild gehostete Brand-Nubian-Treffen im rückblickenden "Long Years". Wie zu erwarten versumpft ein gewisser Teil der Tracks im Mittelmaß: Nick Wiz enttäuscht in "Wherever", "Last Time Out", "Nuclear Bomb" oder "Roll That" sind schnell vergessener Durchschnitt. An das eigentliche Albumthema, das auch im ersten Teil nur vage angeschnitten wurde, erinnert erfolgreich "We Kewl" (mehr oder weniger der Nachfolger zu "Hang 'Em High"). "Pray" dagegen ist ein melancholisches Stück über die Entbehrungen im Ghetto-Leben, das mit viel Soul zu den stärksten Momenten der LP gehört. Nicht zu vergessen Pete Rock's Auftritt, der das solide "Turn It Up" (inklusive Chorus) beisteuert und damit die Renaissance-Kollabo zum Erfolg macht. Doch allen bisher erwähnten Tracks wird die Show von einem Duo gestohlen: Ill Bill stellt seine Fähigkeiten so grandios über 9th Wonder's Beat (zwar mit seinem Trademark-Sound behaftet, aber dennoch kreativ umgesetzt) zur Schau ("Sometimes I feel like I was born on doomsday / Then I think about my daughter in the future and pray that these fools change"), dass selbst Sadat trotz starker Leistung ("Dudes left the apple, but we stayed in the heat, cause we love to compete / That's what gladiators do, they say they love blood, dirty shit, mud") kaum hinterher kommt.

Im Großen und Ganzen hat man es wieder mit einem typischen Gesamtbild zu tun: Von Skip-Material bis zu einigen richtig guten Tracks ist alles dabei, der Querschnitt liegt im guten Mittelmaß. Die Wahl der Produzenten bringt den vorauszusehenden Retro-Faktor mit sich, zeigt gleichzeitig auch einmal mehr, dass viele der alten Helden ihre Top-Form schon lange abgelegt haben oder sie nur noch selten abrufen können. Für das nächste Werk wäre es also wünschenswert, auch einmal nach vorne zu blicken. Man darf zwar für die wenigen wirklich im Gedächtnis verweilenden Tracks dankbar sein, doch sollte Sadat X selbst den Anspruch haben, nochmal ein wirklich gutes Album zu fertigen, dann muss er andere Produzenten wählen als auf "Wild Cowboys II".

6.0 / 10

V/A - Bad Boys II OST





Release Date:
15. Juli 2003

Label:
Bad Boy Entertainment / Universal Records

Tracklist:
01. Intro
02. P. Diddy, Lenny Kravitz, Pharell Williams & Loon - Show Me Your Soul
03. Jay-Z - La-La-La
04. Nelly, P. Diddy & Murphy Lee - Shake Ya Tailfeather
05. Fat Joe, P. Diddy & Dre - Girl I'm A Bad Boy
06. Beyoncé - Keep Giving Your Love To Me
07. The Notorious B.I.G. & 50 Cent - Realest Niggas
08. Freeway - Flipside
09. Snoop Dogg & Loon - Gangsta Shit
10. Mario Winans & Foxy Brown - Pretty Girl Bullshit
11. Model (Interlude)
12. Justin Timberlake - Love Don't Love Me
13. Loon - Relax Your Mind
14. Mary J. Blige - Didn't Mean
15. God Sent You (Interlude)
16. Da Band - Why
17. Shot You (Interlude)
18. M.O.P & Sheritha Lynch - Wanna Be G's

Review:


HipHop und Soundtracks - eine komplizierte Sache. Zwar gibt es einige Filme, die geradezu nach einem HipHop-Soundtrack schreien und einen solchen dann auch besitzen, die wenigsten davon sind allerdings in irgendeiner Weise gut oder in der HipHop-Gemeinde angesehen. Einer der erfolgreichsten seiner Zunft ist der Soundtrack zu "Bad Boys II", dem nicht minder bekannten Streifen mit Will Smith und Martin Lawrence. Denn es begab sich, dass ein gewisser P. Diddy die Zusammenstellung in die Hand nehmen wollte und auch sollte - der eigene Labelname drängt dies eigentlich geradezu auf. Diddy klingelt also die zahlreichen Connections zusammen und veröffentlicht diesen Soundtrack auf Bad Boy Entertainment.

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Besetzt mit hohen Namen beiderseits aus dem HipHop- als auch dem R'n'B-Adel und gerüstet mit fähigen Produzenten im Hintergrund, steht der Scheibe mit ihrem Mainstream-Appeal nicht mehr viel im Weg: Die Massen fressen zur Zeit der Veröffentlichung nahezu allen poppigen HipHop - und mit dem geführten Lineup wird da die volle Spanne abgedeckt. Puffy's Riecher für den schnellen Dollar liegt auch diesmal wieder richtig, schließlich erreichte die Scheibe innerhalb gut eines Monats Platin-Status. Anfangen darf man vielleicht bei der ersten Single, für die sich Altmeister Jay-Z mit "La-La-La (Excuse Me Again)" ins Studio bequemt. Mit "Excuse Me Miss" vom zweiten "Blueprint" hat das nicht mehr viel gemein. Zwar bleiben die Neptunes hinter den Boards erhalten, doch diesmal regieren die wesentlich schwungvolleren Trademark-Drums, die mit Synthies und einem Piano-Loop bespannt werden. Dieser routiniert guten Rap-Einlage gegenüber stehen Tracks wie "Pretty Girl Bullshit", lyrisches Dünnbrettbohren, das vom Beat bis zur Hook höchst vergessenswert ist. Die Bad-Boy-Connections zeichnen sich klar ab, weswegen einige von Diddy's Schützlingen der damaligen Zeit antreten dürfen. Dazu gehört auch Loon, ein haar- und charakterloser Smoothling, der allerdings im entspannten "Relax Your Mind" eine der besten Nummern serviert. Mario Winans' Beitrag kam ja schon zur Sprache, da fehlt nur noch die gecastete Da Band, die im späten Verlauf für etwas Tiefe sorgen soll und das mit "Why" auch tatsächlich schafft. Nun ein Wort zu den großen Nummern der Scheibe: "Shake Ya Tailfeather" war seinerzeit allgegenwärtig und ist als Party-Ohrwurm auch höchst tauglich. Noch tanzbarer ist das von den Neptunes geprägte "Show Me Your Soul" mit einem witzigen Auftritt von Lenny Kravitz, der den Track weder bereichert noch ruiniert. Mit "Flipside" ist ein schon auf Freeway's Album vertretener Hit am Start, der die Frage aufwirft, inwiefern dieses "Album" zusammenhängend ist - schließlich attestieren einige Kritiken genau diese Eigenschaft dem Soundtrack, der ihn somit von anderen abhebe. Doch mit eingestreuten Film-Dialogen von im Schnitt zehn Sekunden Länge kommt nie großes Einheitsgefühl auf. Auch nicht, wenn auf Beyoncé's ödes "Keep Giving Your Love To Me" der Street-Banger "Realest Niggas" folgt, der zwar gut produziert ist und von 50 eine saubere Hook erhält, der jedoch nicht so recht mit den Biggie-Raps (schon bekannt aus "Niggas" von "Born Again") harmonieren will. Neben einem sehr unauffälligen Auftritt von Justin Timberlake, einer mäßigen Portion Hardcore zum Abschied und Dre's austauschbarer Sonnenschein-Hook in "Girl I'm A Bad Boy" ist es noch Snoop Dogg, der mit einem Schmankerl aufwartet und seinen "Gangsta Shit" überzeugend und in typischer Manier an den Mann bringt.

Wodurch sich dieser Soundtrack von anderen abheben soll (sein kommerzieller Erfolg außen vor gelassen), bleibt ein Mysterium. Es ist der gleiche Mix aus Durchschnitt, Skip-Songs und behaltenswerten Stücken, wie man ihn auf so vielen anderen Soundtracks auch findet. Dass eine Single-Auskopplung die Spitze der Charts erklimmen konnte, ändert daran nichts. Für jeden ist etwas dabei, aber jeder wird beim Gesamtdurchlauf auch einige Male skippen. Wenngleich also der qualitative Mittelwert der einzelnen Tracks eine halbe Krone höher liegt, will das Gesamtpaket nicht übermäßig gefallen.

4.8 / 10

Wu-Syndicate - Grimlenz



 
Release Date:
26. Februar 2010

Label:
Syndicate Entertainment / Wu-International

Tracklist:
01. The Beginning / Intro
02. The Light's Here
03. Grimlenz
04. Hell
05. Moneyvated
06. The Syndicate
07. Knockin Off
08. Merciless
09. Killa Beez Stung
10. Wanna Beez
11. Hands Out
12. Eye Candy (Feat. Jesse Taylor)
13. Laboratory
14. Talk Now (Feat. Shaka Amazulu The 7th)
15. Ocho
16. Muthafuckuz (Feat. Ray Lugar)
17. Only Heaven Knows (Feat. Jesse Taylor)
18. The End / Hands Out (Hidden Bonus Remix)

Review:


1999, als der Stern des Wu-Tang Clan noch hell strahlte, konnte das aus Virginia stammende Wu-Syndicate auf den Zug aufspringen und sich mit ihrem gelungenen Debütalbum sowie einem Auftritt auf der "Swarm"-Compilation einen Namen machen. Dann allerdings verschwanden Joe Mafia und Myalansky komplett von der Bildfläche, Letzterer wanderte sogar ein. 2003 gab Joe mit einem Soloalbum ein Lebenszeichen, weitere Jahre später waren die beiden dann auf einmal wieder da (zwischenzeitlich als The Syndicate), veröffentlichten '07 ein Mixtape und kündigten ihr neues Album "Grimlenz" an. Wieder eine ganze Zeit später wird das Album dann auch - digital und für den Spottpreis von zwei Dollar - veröffentlicht, erfährt aber dank Wu-International eine gepresste, auf 100 Stück limitierte und mit zusätzlichen Tracks versehene Neuauflage.

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Wer einer der durchnummerierten Silberlinge habhaft wurde, bekommt ein neues Design (jedoch auch das Cover der MP3-Version als Backside des Frontcovers) und 19 statt elf Tracks. War auf dem über zehn Jahre älteren Debüt noch DJ Devastator Hauptproduzent und einige Wu-Affiliates mit von der Partie, setzt man diesmal auf den bisher unbekannten Antagonist (ebenfalls aus Virginia), der die Elf-Track-Version komplett produziert und hier noch Gesellschaft von u.a. Jon Vegaz bekommt. Albumtitel und -konzept sind schnell erfasst: "Grimlenz", der Blick durch die "grim lenz", meint ganz schlicht und ergreifend die trostlosen Dinge, die Joe und Mya jeden Tag zu sehen bekommen - nichts Neues also. Beim Gesamtpaket hapert es auch etwas: Zwar spielen Wu-Syndicate abseits des derzeitigen Trendfelds, doch ein wirklicher Virtuose ist Antagonist nicht. Nachdem in "The Beginning / Intro" überflüssigerweise der bisherige Output Snippet-artig durchlaufen wurde, folgt mit "The Light's Here" schon einer der besten Tracks, ein dezenter Kopfnicker, bei dem man hört, dass der soundliche NY-Einfluss immer noch stark zugegen ist. Joe und Mya befassen sich mit der Rezession ("What happened to the American dream? It's turned into a nightmare"), was aber kein Wegweister für die restliche LP sein sollte. Seine Aufmerksamkeit schenkt man sowieso zuerst der vermeintlich unbekannten Stimmme, die einem die ersten Raps entgegenschickt und dabei so kratzig, tief und rauchig ist, wie man weder Mya noch Joe in Erinnerung hat (sofern man nicht mit "Drastic Measurez", Myalansky's Solo aus dem vorangegangenen Jahr, vertraut ist). Der Titeltrack "Grimlenz" schafft im Anschluss Klarheit, Myalansky erklärt: "And talkin' 'bout 'What up with his voice?', sayin' it got iller / Streets turned a boy to a man, some say the block did it". Seine neue Stimme hat zweifelsohne Stil, selbst wenn dabei sein Flow etwas schwerfällig klingt. Doch das ändert nichts daran, dass "Grimlenz" größtenteils Standardmaterial bietet. Die mit mexikanischem Flair versehene Story über "Ocho" bietet noch etwas Abwechslung, "Eye Candy" dagegen klingt wie "Knockin' Off", "Laboratory" klingt schlichtweg plump. Mit "Only Heaven Knows" (auch schon vertreten auf "Drastic Measurez") wird, geleitet von angenehmem Piano-Loop, an "Where Was Heaven" erinnert, "Merciless" punktet ebenfalls mit ansatzweise dunkler Atmosphäre. "Moneyvated" kommt nicht über die Intelligenz seines Titels hinaus, der einzig inhaltlich interessante Song ist "The Syndicate", Myalansky's Abrechnung mit dem früheren Mitglied Napoleon, der zur Zeit des Debüts in den Bau wanderte und seitdem nicht wieder integriert wurde. Ein Interview mit Chamber Musik (in dem er u.a. sich selbst die Gründung des Syndicate auf die Fahne schreibt) dient Mya schließlich als Grund, scharf gegen seinen einstigen Kollegen zu schießen.

Sei es nun die digitale oder die limitierte Edition, am qualitativen Schnitt ändert das nichts: Bei "Grimlenz" hat man nicht viel verpasst. Das liegt weniger an der soliden Performance von Joe Mafia und Myalansky als an den durchwegs mittelmäßigen Produktionen, unter denen keine einzige wirklich hervorzustechen vermag. Einen unverbrauchten Namen zu verpflichten ist generell keine schlechte Entscheidung, nur gelingt in diesem Fall nunmal kein Volltreffer. Fans werden sich nichtsdestotrotz an der Entwicklung der Emcees erfreuen, die für das nächste Album keine schlechten Voraussetzungen setzt. Schließlich soll dann wieder mit dem RZA und der Wu-Gemeinde zusammengearbeitet werden. Doch um wieder zurück zu "Grimlenz" zu kommen: Hier sollten wirklich nur Syndicate-Fans zugreifen.

5.0 / 10

Nieve & Cook - Away With Words



 
Release Date:
02. Dezember 2008

Label:
Goon Trax

Tracklist:
01. Chronic Intoxication
02. Another Day Comes
03. I Feel Free
04. So Smooth
05. Forever Changing
06. Play On
07. Midnight Baby
08. Anime Superhero
09. Jump Up
10. Blackbird
11. Fantasy
12. Priceless Few
13. Story Be Told
14. Chronic Intoxication (Nomak Remix)
15. Another Day Comes (Cradle Orchestra Remix)

Review:


2007 veröffentlichten ein junger Emcee aus Los Angeles und ein Producer, der ursprünglich aus New York stammt, aber inzwischen auch in L.A. residiert, ein gemeinsames Album. Zu sagen, es habe zu dieser Zeit viel Aufmerksamkeit einfahren können, wäre eine glatte Lüge. Ein Jahr später sollte das Album dann re-releast werden, nämlich von Goon Trax, Japans eigenem Qualitäts-Import-Label. Hierfür überarbeiteten Nieve und Cook Classics ihr Album grundlegend, um schließlich ein wenig mehr Beachtung und positive Kritik einfahren zu können. So wirklich wahrgenommen hat die HipHop-Welt "Away With Words" allerdings bis heute nicht.

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Was eigentlich verwunderlich ist, denn vor allem unter den als Backpackern abgestempelten Hörern sollte diese Scheibe Anklang finden, schließlich holte Cook für die Aufnahmen Live-Musiker ins Studio. Die addieren eine erfrischende Komponente zu Cook's ohnehin schon soulvollen BoomBap-Konstrukten, die schwer sommertauglich ausgelegt sind. Perfekt in dieses Szenario passt Nieve, der seit seiner Kindheit rappt und den Flow auch hörbar im Blut hat. Stimmlich ist er zwar wenig männlich, dafür umso sympathischer mit einem hellen, eingängigen Organ gesegnet, das sich erfolgreich auf Cook's Instrumentals behauptet. Die wiederum sind wie kleine Pralinen, liebevoll kreierte Mischungen aus dem Einmaleins des BoomBap-Produzenten: druckvolle, aber nie vorherrschende Drumlines als Bodensatz, dezent füllend beigemischter Bass als Geschmacksverstärker und verspielte Sample-Verstrickungen, bei denen Cook's Liebe zum Piano als Charakterzug hervortritt. In der Art, wie auf dieser Scheibe Beat-Landschaft mit den ehrlichen Conscious-Zeilen zusammenspielen, darf durchaus der Vergleich zur Kollabo von Blu und Exile in den Raum geworfen werden. Doch Nieve und Cook haben ihren ganz eigenen Flair, was schon die ersten Glockenspiel-Töne im eröffnenden "Chronic Intoxication" (in seinem ruhigen Einstieg ein um Welten besserer Opener als der auf der US-Version gewählte) nahelegen. Ein nicht wegzudenkender Teil des Albums ist Jean Curley, die auf mehreren Songs mit Vocals präsent ist und dabei nicht besser gewählt hätte sein können: Wenn in "Blackbird" mit Saxx ein bluesartiges Feeling beschworen wird oder direkt im Anschluss Ben Adamson in "Fantasy" mit seiner Trompete für relaxte Stimmung sorgt, ist ihre Altstimme genau der richtige Partner für Nieve's Verses, die trotz lyrischem Anspruch sehr locker und unbeschwert verdaut werden wollen. "I Feel Free" hätte als Albummotto gepasst, die gute Laune ist spätestens nach den ersten paar Tracks vorprogrammiert. Und wenn ein Track "So Smooth" heißt, dann darf man das wörtlich nehmen - unverschämt elegant lässt Cook der Drumline freien Lauf, um sie in Begleitung eines Hauchs einer Piano-Line zu setzen. Schwer im Klavierfieber dagegen versinkt dann der erste Überbrenner der LP, "Forever Changing", in dem eine perfekt abgestimmte Hook dem hypnotisierend geloopten, wunderschönen Piano-Sample aufsitzt. Nieve ("It's a written code, the way you move is the way you grow / And you'll only find a catch in the way you throw") beweist sich dabei in hiesigen Sound-Gefilden erneut als Sure-Shot am Mic. Sei es nun das gefühlvolle "Priceless Few" (mit Cuts von Denkym), ein weiteres Highlight, in dem die Liebe zum HipHop thematisiert wird, oder das Maximum an aufnehmbarer guter Laune, das im überragenden "Anime Superhero" injiziert wird, Nieve überzeugt. Gegen Ende flaut das Album leider etwas ab, "Story Be Told" kommt etwas lahm daher, während die beiden abschließenden Remixe gleichsam nicht an ihre Originals heranreichen.

Wer auf der Suche nach Musik ist, die er im Hochsommer mit zum Baden nehmen oder die er einfach nur fürs Auto nutzen kann, der bekommt mit dieser LP eine neue Option. Nieve und Cook liefern Gute-Laune-Musik, wie man sie nur auf wenigen anderen Alben so konsequent finden wird. Zumal deswegen keinesfalls musikalischer oder lyrischer Anspruch leiden muss. Mit der überarbeiteten japanischen Version wird dem Hörer ein großer Gefallen getan, das Album-Feeling ist hier weitaus ausgeprägter, außerdem fehlt der ersten Version eines der Highlights. Wären da nicht die abschließenden Remixe, "Away With Words" käme noch weiter hinauf in der Wertungsskala. Doch auch so sind Nieve und Cook smooth und jazzy genug für eine dringende Kaufempfehlung.

7.0 / 10

Samstag, 17. April 2010

Invizzibl Men - The Unveiling


Release Date:
19. August 2008

Label:
Backwoodz Studioz / Green Streets Entertainment

Tracklist:
01. Introcutlery (The Warm Up)
02. Futurama
03. Zookeeper (Feat. Vordul Mega)
04. HipHopPSA
05. 52 Lashings (Feat. Billy Woods)
06. Jimmy Swagger
07. T-Rex (Feat. C-Rayz Walz)
08. Darkroom
09. Thin Air
10. Mighty Broady (Feat. Broady Champs & Vast Aire)
11. Stories Of A Ghost
12. Neon Mud
13. Ten Years Later (Feat. Akile Nuru & Access Immortal)

Review:
Im Sommer 2008 schickte Backwoodz Studioz zwei Pferde ins Release-Rennen: Eines war Vordul Mega, das andere waren die Invizzibl Men, die mit ihrem Debütalbum an den Start gingen. Die beiden Mitglieder des Duos für sich genommen könnte man allerdings schon von früheren Machenschaften kennen: MarQ Spekt ist Teil von Broady Champs und Karniege treibt schon seit Längerem im Def-Jux-Umfeld sein Unwesen, kurz vor diesem Album mutierte er mit Vast Aire zu Mighty Joseph. Wer nun also schon im Voraus Interesse an "The Unveiling" hatte (und wer nicht), wird nicht schwer zu erraten sein.

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Letzten Endes reicht eigentlich schon der Name "Backwoodz", da sich das kleine Label aus Brooklyn mit Releases wie diesem einen Namen gemacht hat. Doch beim näheren Blick an den Features vorbei wird man erst einmal stutzig: Man möchte fast sagen, es ist kein einziger Backwoodz-typischer Produzent mit von der Partie. Abgesehen einiger Weggefährten von MarQ setzen die Invizzibl Men auf ein ungewöhnliches Team, das den selbstplakatierten futuristischen BoomBap in die Tat umsetzen soll. Unverzichtbar ist dabei natürlich der Hardcore-Appeal, dem beide Künstler bisher treu ergeben waren und der auch hier nicht fehlen darf. Kein Wunder also, dass in "Introcutlery" wuchtige Percussions an der Tür klopfen. Dazu kommen die beiden Emcees, die eine nicht von der Hand zu weisende Harmonie an den Tag legen. Beide zeichnet eine schneidende Stimme aus, beide sind genau deshalb eigene Charaktere, die man einfach in Erinnerung behalten kann. Trotz oder gerade wegen dieser Ähnlichkeit kommen sich beide nie ins Gehege - die Gefahr, dass der Hörer mit dem Duo nicht zurechtkommt, ist da schon größer. Doch ebendiese Kantigkeit fehlt vielen Artists und darf als Stärke der Invizzibl Men angeführt werden. Wünschenswerterweise fielen die Instrumentals ebenfalls nicht so mundgerecht aus, wie es bei zu vielen Alben der jüngeren Zeit der Fall ist bzw. war. Hier jedoch müssen Abstriche gemacht werden: "The Unveiling" enthüllt gleichermaßen kreatives als auch altbackenes Material. Wo "Futurama" noch überragend und knietief in elektronischem Sumpf (in dem sich vor allem Karniege pudelwohl fühlt) loslegt, spielen die "Stories Of A Ghost" beispielsweise in sehr ruhigen, bekannten Sample-Gefilden - was deswegen aber keineswegs schlecht ist. "Neon Mud" zeigt, dass auch die gewagten Tracks nicht automatisch funktionieren, und ordnet sich damit eher im Mittelmaß ein. Percussion-heavy und damit genau richtig für William Woods geht es auf "52 Lashings" zur Sache, und so punktet man auch in bester Backwoodz-Manier. Sehr gewöhnungsbedürftig, aber irgendwo auch gelungen und eingängig ist das mit schrägen Voice-Samples beladene "Jimmy Swagger", etwas später zeigen die Invizzibl Men in "Thin Air", das sie sich auch über sanfte Streicher mit Lady-Storys behaupten können. Leider fallen gerade die Tracks mit Cannibal Ox etwas ab: "Zookeeper" als auch "Mighty Broady" sind zu stumpf, um hängenzubleiben. Anders schon "T-Rex", das schwungvoll hereinrumpelt, oder das von Omega One dumpf gestrickte "Darkroom", in dem das Konzept ebenfalls voll aufgeht. Der Ausstieg aus der LP, "Ten Yers Later", ist schon nahezu relaxed, gerät aber - auch wenn er eher zu Access Immortal als zu den Invizzibl Men passt - akzeptabel.

Auf ganzer Linie überzeugen können die Invizzibl Men leider nicht. Selbst als Backwoodz-Fan kann man hier nicht durchgehend zufrieden sein. Die eine oder andere Produktion eines Monokrome hätte womöglich (nicht zwingenderweise) ein wenig mehr von dem beigesteuert, was Künstler wie MarQ Spekt und Karniege benötigen: kreative bzw. sperrige Impulse, die sich dem Hörer erst nach mehrfachem Hörer öffnen. Denn da sie inhaltlich nicht viel mehr als halbabstraktes Gefasel zu bieten haben, brauchen die Invizzibl Men diese Beats noch mehr als andere Künstler. Zum Glück hat "The Unveiling" genügend solches Material, um als immer noch interessante LP zu gelten. Und da selbst die "langweiligeren" Tracks meist gut ankommen, erhebt man sich über den Durchschnitt.

6.6 / 10

Killarmy - Fear, Love & War


Release Date:
11. September 2001

Label:
36 Records, Inc. / Loud Records

Tracklist:
01. Intro
02. The Push (Feat. Lord Superb)
03. Militant (Feat. U-God)
04. Originators
05. Skit
06. Sweatshop (Feat. Tash Mahogany & Frukwan)
07. Street Monopoly
08. Afterhours Pt. 1
09. Trilogy (Feat. Prodigal Sunn)
10. Feel It
11. Skit
12. Whatever We Want
13. Skit
14. Monster
15. The Hit (Feat. 4th Disciple)
16. One To Grow On (Feat. 4th Disciple)
17. Afterhours Pt. 2 (Skit)
18. Day One
19. Spoken Word (Skit)
20. Nonchalantly
21. The Rule (Feat. Polite)
22. Lady Sings The Blues

Review:
Nachdem die sechs Infanteristen der Killarmy mit ihren zwei ersten Alben, die im Abstand eines Jahres erschienen, ordentlich Krawall machen und vor allem eine eigene Stellung im großen Wu-Universum für sich erarbeiten konnten, wartet die Welt auf eine neue Scheibe aus dem Kreise des Ohio-NY-Zusammenschlusses. Drei ganz Jahre ließen sie sich Zeit, um "Fear, Love & War" zu veröffentlichen. Zu allem Überfluss rauscht der militante Wu-Ableger mit seinen radikalen Aussagen mit der Veröffentlichung der LP genau auf den 11. September - da erfreut man sich natürlich eines Mitglieds mit dem Namen P.R. Terrorist.

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Die HipHop-Heads wird das allerdings herzlich kalt lassen, schließlich waren die ersten beiden Alben Hardcore-Kost der Extraklasse, die Killarmy hat einem hohen Niveau nachzukommen. Mit 4th Disciple im Rücken, der bisher der Garant für die Qualität der Instrumentals war und auch hier wieder für den Großteil der Tracks aufkommt, stehen die Zeichen nicht schlecht, zu weiteren Großtaten aufzubrechen. Was die Tracklist beim dritten Album so aufbläht, ist eine ganze Reihe Skits; nüchtern betrachtet gibt es 14 vollwertige Tracks. Doch das stört nicht, denn beim Hören der LP empfindet man besagte Skits nicht als störend, sie dienen vielmehr als Rahmen, den 4th Disciple gekonnt um die Tracks spannt. Und die haben es in sich wie eh und je - nachdem das "Intro" unter Bombendetonation und geräuschlicher Schlachtkulisse mit Fanfaren zum Aufwachen ruft und die Killarmy diesen Aufruf noch bestärkt, leitet eine Geige kunstvoll in "The Push" über, ein Prunkstück killarmscher Tradition, aufbrausend und mit kräftiger Drumline. Die sechs Emcees verlassen ihre Deckung und stürmen mit gewohnter Thematik ("My missles whistle at you, splat you / Subtract you, surrender arms, we got you") dem Hörer entgegen, während 9th Prince einen Abstecher zum A&R seines Vertrauens macht. Derlei Tracks finden sich zuhauf auf der LP, was der Killarmy-Fan natürlich zu schätzen weiß: "Monster" beispielsweise ist mit dezenten Trompetenklängen nicht ganz so wuchtig, leistet aber mit gleichsam starker Hook und starken Rhymes ganze Arbeit. Dass diese sechsköpfige Armee mit ihrer Primärwaffe umzugehen weiß, sollte hier nicht noch einmal erwähnt werden müssen, ebensowenig wie man sich beim dritten Album ob der eindimensionalen Thematik wundern oder gar beschweren sollte - das macht die Killarmy aus, das macht sie besonders und das hebt sie auch von anderen Künstlern der Wu-Fam ab. Anstatt sich also über Eintönigkeit und fehlende Weiterentwicklung zu beschweren, darf man die immer noch erhaltene Power feiern. Darüber hinaus lassen sich sogar Entwicklungen beobachten: "Feel It" wird von 4th mit herzerwärmenden Chören und deckendem Piano-Sample ausstaffiert, während 9th, P.R. und Islord ein Bild ihrer Ghettos zeichnen. "Day One" (von Rebel Danja grandios produziert) schlägt nostalgische Töne an und betont die Einigkeit der Army. Da begibt sich sogar 4th Disciple vom Gefechtsstand an die vorderste Front und droppt in "The Hit" einige Lines. Weitere Gäste umfassen einen nicht aufgeführten Frukwan im wilden "Sweatshop" sowie U-God, der im beinharten "Militant" mit einer Hook gerade die richtige Einsatzlänge erhält. Die eingestreuten Skits bieten entweder durch Instrumental- oder Acapella-Ausstattung immer genug Grund und Atmosphäre, nicht zu skippen. Da schon erwähnt wurde, wieviel Anteil 4th Disciple daran trägt, dass diese Scheibe gelingt, sind die Beiträge der Gastproduzenten logischerweise unsichere Faktoren; doch auch hier besteht nicht der geringste Grund zu jeglichen Zweifeln: Der gerade die Bühne erklimmende Falling Down übertrifft im genialen "Originators" selbst den Meister, wenn er in 9th Prince's Solo mit einem Zusammenspiel aus Piano und Streichern allen die Show stiehlt. Rebel Danja wurde schon erwähnt und Mike "Trauma" D von den Infinite Arkatechz steigt gegen Ende in den Ring, um in "Nonchalantly" (dem das sehr stimmungsaufbauende "Spoken Word" vorausgeht) wieder einmal das Piano für ein weiteres Highlight zu bemühen und schließlich mit "Lady Sings The Blues" den schwermütigen Schlusspunkt zu setzen.

Das Niveau der beiden ersten Alben konnte - wie wohl zu erwarten - nicht gehalten werden, doch das soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass es die Killarmy hiermit noch einmal geschafft hat, ihren sechs-, bzw. siebenköpfigen Einsatztrupp auf die Größe einer bis an die Zähne bewaffneten Armee aufzuspielen. Nicht mehr jeder Track hat die Schärfe, die drei Jahre zuvor noch Standard war, doch ohne Aussetzer und mit mehr als genügend Highlights ist der Fan bedient. Wer mit den ersten beiden Alben nichts anfangen konnte, der darf auch hier passen, für alle anderen dürfen die ersten drei Killarmy-Alben (bis auf weiteres wohl auch die einzigen) als allesamt lohnend vermerkt werden.

8.1 / 10

Cappadonna - The Pillage


Release Date:
24. März 1998

Label:
Razor Sharp Records / Epic Records

Tracklist:
01. Slang Editorial
02. Pillage (Feat. Solomon Childs)
03. Run
04. Blood On Blood War (Feat. Solomon Childs)
05. Supa Ninjaz (Feat. Method Man & U-God)
06. MCF
07. Splish Splash
08. Oh-Donna (Feat. Ghostface Killah)
09. Milk The Cow (Feat. Method Man)
10. South Of The Border
11. Check For A Nigga
12. Dart Throwing (Feat. Raekwon & Method Man)
13. Young Hearts (Feat. Blue Raspberry)
14. Everything Is Everything (Feat. Rhyme Recka)
15. Pump Your Fist (Feat. Solomon Childs & Tekitha)
16. Black Boy (Feat. Tekitha)

Review:
Bei Cappadonna spalten sich in der Wu-Fangemeinschaft die Geister: Die einen schätzen Cappa als halboffizielles zehntes Mitglied und wichtigen Teil der Bruderschaft, die anderen würden ihn ob nicht attestierter Skills am liebsten komplett aus der Fam streichen. Fakt ist, dass Cappachino schon immer dazugehörte, ungeachtet der Tatsache, dass er aufgrund krimineller Machenschaften (die er mit dem Einschlagen der Emcee-Karriere hinter sich ließ) erst auf der goldenen ersten Welle der Wu-Solos zu Wort kam. Auf "Wu-Tang Forever" schließlich ist er Dauergast und landet auf RZA's Epic-Imprint Razor Sharp Records, wo er ein Jahr später seinen gut fundierten Soloeinstand geben darf - "The Pillage".

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Wer sich der Tatsache, unter welch guten Bedingungen Cappadonna hier startet, nicht bewusst ist, der sollte einen kurzen Blick in die Producer-Credits werfen: fünfmal der RZA höchstpersönlich, sechsmal True Master, je einmal Allah Mathematics und 4th Disciple - der Wu-Fan dankt herzlich. Dass der Sound des Albums dann so ausfällt, wie sich die Namen lesen, überrascht im Jahr 1998 nicht wirklich. Klar, diese Instrumentals sind nicht auf einen Klassiker ausgelegt, und wer es so sehen will, darf sie als schlichte Kopien ebensolcher Klassiker ansehen, doch nüchtern betrachtet bleibt nur eines zu sagen: Dieses Album steht an einem Punkt, an dem die Wu-Elements gerade volle Fahrt aufgenommen haben und zudem mit dem Oberabt RZA harmonieren, was in durchgehend fettem Eastcoast-Sound Wu'scher Prägung resultiert. Wie True Master mit trägen Bläsern und langsamer, aber treibender Drumline schon die erste Runde "Slang Editorial" problemlos durchläuft, kann auf instrumentaler Seite kommentarlos so stehenbleiben. Der Ort, an dem der Boden fruchtbar für tiefgreifende Kritik ist, liegt anderswo; nämlich bei Cappadonna selbst. Hier sieht man sich einerseits mit durchaus vorhandenem Flow konfrontiert, der außerdem einer rau bis rauchigen Stimme gehorcht, was als Kombination zu überzeugen weiß - auf der anderen Seite steht das, womit Cap seine Lyrics füllt, was selbst für viele Fans Spanisch ist: Die teils vollkommen wirren Lines sind Teil des von Cap verwendeten Slangs, den er bekanntermaßen bis zum heutigen Tage praktiziert. Wer sich damit abfindet, dass man die teils etwas plump gestapelten Wörter nicht weiter untersuchen sollte, dem steht für den Genuss der LP nichts mehr im Wege. Nach dem eingangs mit Shaolin-Feeling veredelten "Pillage" (mit Solomon Childs, damals noch als Killa Bamz) sind es vor allem die von True Master produzierten Stücke, die mächtig Gas geben und im Direktvergleich selbst dem RZA den Rang ablaufen: Was Letzterer in "MCF" fabriziert ist gute Unterhaltung, doch wie der Master in "South Of The Border" die Bude zerlegt, gehört explizit erwähnt. Aber da hört es nicht auf: "Milk The Cow" fährt wie schon der Opener mit seiner faszinierenden Drumline eine ähnliche Schiene wie Ghostface's "Fish" und erreicht dabei ein ähnliches Niveau - die Performance am Mic natürlich ausgeklammert. Ebendiese bekommt man bei Gastauftritten von Rae und Meth in "Dart Throwing", einem weiteren Meisterwerk aus der Hand des True Master. Der Vollständigkeit halber seien nun noch die ebenfalls bärenstarken "Supa Ninjaz" und "Splish Splash" (man vergesse Titel und Inhalt) beigefügt. RZA glänzt im einen Moment mit der Single "Run", hat im nächsten aber an "Young Hearts" Anteil, das mäßig produziert und mit nervtötendem Gesang von Blue Raspberry besetzt ist. "Black Boy" wiederum lebt von Tekitha, bleibt auf instrumentaler Ebene (verantwortlich war Goldfingaz) eher blass, bildet aber trotzdem einen gelungenen Ausstieg aus einem guten Album.

Trotz einiger weniger mittelmäßiger Songs ist "The Pillage" ein Beweis dafür, dass aus dem Wu-Feld um die Zeit dieser Veröffentlichung wenig schiefgehen konnte: Unter den Instrumentals finden sich mitunter wahre Diamanten, bei Cappa's Raps hingegen muss jeder selbst entscheiden, ob er mit ihnen auf Albumlänge seinen Frieden machen kann. In jedem Fall hätten der Scheibe ein paar mehr Gastauftritte aus dem Clan - wo doch andere Wu-Alben bis an den Rand mit Features vollgestopft sind - nicht geschadet. Da es, sieht man einmal von Cappa's lyrischen Defiziten ab, an "The Pillage" wenig zu bemängeln gibt und vor allem die Instrumentals eine Bank sind, landet Cappadonna mit seinem Debüt knapp in erlesenen Wertungskreisen.

7.7 / 10

Cymarshall Law & Mr Joeker - Hip Hop In The Soul


Release Date:
07. November 2008

Label:
Freedom Entertainment

Tracklist:
01. Intro To The Soul
02. The Takeoff (Getting It)
03. I'm An Emcee (Hip-Hop In The Soul)
04. Control (Feat. KRS-One)
05. They Gon Know (Feat. Skit Slam)
06. Truth (Feat. Supastition & Skit Slam)
07. Stick & Stones
08. Out Of The Rain (Feat. Mary Lou)
09. Love, Sex Or What
10. Greed
11. No Explanation
12. Live While You Can
13. Sorry
14. King With 4 Wives

Review:
"Cymarshall Law", das war um die Jahreswende 2008/ 2009 ein den meisten Hörern neuer Name, der von diversen Quellen (Bloggern, Magazinen, Webzinen, etc.) einschlägig und wärmstens empfohlen wurde. Zu verdanken hat er diesen kleinen Hype seinem zweiten Album. Doch nicht einmal das Debüt aus dem Jahre 2007 ist in irgendeiner Weise repräsentativ für die Anfänge dieses Künstlers aus New Jersey. Dem in England geborenen Cy wurde die Musik durch den Vater in die Wiege gelegt, Hand in Hand mit seiner Karriere geht die seines Bruders Skit Slam, mit dem er zusammen als Everliven Sound seine ersten Schritte um die Jahrtausendwende bei Sub Verse unternahm. Die Weichen für dieses Album stellt ein gewisser Pumpkinhead, der Cy auf den ungarischen Mr Joeker hinweist. Das Ende der Geschichte ist "Hip Hop In The Soul".

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Wenn eine neue Producer-Emcee-Kombo auftaucht, werden gerne Legenden für lächerliche Vergleiche in den Raum gezerrt - nachdem man diese Untat übersprungen hat, kann man sich damit auseinandersetzen, wie es denn nun wirklich um dieses Duo steht. Mr Joeker hält als Prototyp des europäischen Produzenten her, der mit freshem BoomBap für amerikanische Emcees interessant ist. Da ihn bisher wohl kaum jemand kannte, ist es gerade dieses Album, das besagtes Image aufbaut, womit auch schon geklärt ist, welcher Sound hier vorherrscht. Der Instrumentalteppich der LP ist in keiner Weise besonders oder spezifisch, weder sonderlich smooth noch zu irgendeinem Zeitpunkt hart, und genau das ist die Stärke von Joeker - seine Musik ist für jeden bekömmlich, gleichzeitig leicht verdaulich sowie auch atmosphärisch. Cymarshall hingegen präsentiert sich als wahrhaft einzigartiger Emcee: Es mag natürlich erzwungen sein, doch Cymar schickt seine helle Stimme als leicht gepresste Raps gen Mic, was nach ungemein viel Rap-Enthusiasmus klingt, nicht aber unnatürlich. Zu diesem Stil gesellen sich nun noch die Texte, die hinsichtlich ihrer Wesenszüge wiederum den Beats von Mr Joeker sehr ähnlich sind: sehr alltäglich, nie abgehoben und trotzdem stark und mitreißend. Als Gesamtpackung hat man nun also einen Emcee, dem man die Begeisterung anhört und der auf seine Inhalte achtet, dabei aber nie abhebt, sondern immer bei simplen Dingen aus dem täglichen Leben verweilt. Wo das "Intro To The Soul" (bereits hier zeigt Joeker seine Fähigkeiten) und "The Takeoff" noch mit einführender Selbstinzenierung die Szenerie füllen, streut Cy im Verlauf der LP einige Thementracks ein. Da wäre "Out Of The Rain", das drei Plots von schlecht nach gut führt (z.B. ein Basketballtalent, das von einem Blindgänger im Knie getroffen wird und sich trotzdem in die europäische BBall-Spitze arbeitet), oder das eher platte "Control", für dessen Staatskritik mit KRS-One genau der passende Gast gefunden wurde. Die Sitar-Samples markieren nach dem Braggadocious-Track "I'm An Emcee" Joeker's zweite Nutzung orientalischer Musik. Mit den restlichen, herkömmlicheren Samples kann ebenfalls gepunktet werden: Das sehr sympathische "Love, Sex Or What" funktioniert wieder dank simplem Realismus, der weder Richtung Pornoparty noch platonischem Beisammensein ausschlägt. Ähnlich "No Explanation", das die Karma-Logik hinterfragt und über Joeker's Gitarrenklänge abläuft. Und so kreiert fast jeder Track seine eigene Thematik, bis in "Sorry" große Gefühle gezeigt werden und schließlich "King With 4 Wives" den Abschluss gibt: eine Parabel, die Cy am Ende selbst auflöst.

Nach dem Album zusammen mit seinem Bruder ("Freedom") bestätigt sich Cymarshall Law auch als Solokünstler. Eine wichtige Hilfe dabei ist zweifelsohne sein Bruder im Geiste, Mr Joeker, der sich als hervorragende Ergänzung herausstellt und mit seinen Beats gerade die richtige Stimmung für die dynamischen Rhymes parat hat. Wenn also nach Release der Platte in großen Tönen von Cy gesprochen wurde, hat das durchaus seine Berechtigung. Mit seinen so natürlich zusammengestellten Storytelling- und Thementracks macht der Junge einfach einen sympathischen Eindruck. Trotzdem ist an "Hip Hop In The Soul" nicht alles perfekt, die gemeinsame Masche zieht nicht auf jedem Track. Doch man darf gespannt sein, was auf dem schon angekündigten nächsten Projekt von Cy und Joeker passiert.

6.9 / 10

9th Scientist - Illatron Magnetic


Release Date:
27. Februar 2007

Label:
Domination Recordings

Tracklist:
01. The Purpose (Skit)
02. Learn To Love
03. Do You Love Me?
04. Orange Crush
05. Forenzics
06. I Love You
07. Verses (Feat. iLL Chemist)
08. iLLatron (Skit)
09. Green (Feat. Quantic)
10. Supreme Grand (Feat. Lil Sci)
11. Hurts So Good
12. Myths
13. La La
14. Eye Thought She Was Feeling Me (Feat. Infinito 2017)
15. Skit
16. Niggaz Talk Shit (Feat. Posioned Fetus & 607)
17. Skit
18. Flying Saucers (Feat. Angilas)
19. I Love Hip Hop
20. Sol 'N Tha Hole
21. Jibba, Jibba, Yabba, Yabba (Feat. Sunjata Salaam, Trek 19 & Osyrus Tha God)

Review:
Conscious-Rapper aus Little Rock gibt es nicht gerade im Überfluss. Einige jedoch finden sich auf dem Label Rip Shop Records, das wohl selbst in Underground-Kreisen nicht jedem ein Begriff ist. Einer dieser Artists jedenfalls ist 9th Scientist, der auf eine beachtliche Karrierelänge zurückblickt, die in den Neunzigern allerdings hauptsächlich aus losen Aufnahmen mit der Nubian Intelligence Organization oder der Lost Foundation besteht. Mit einem Mitglied ersterer Gruppe, King Ish, gründet er 1999 Merkabah Entertainment, wo er unter dem Namen Akasha sein Debüt "Kadallic Story" in vollkommener Unbekanntheit veröffentlicht. Über die Bekanntschaft mit Infinito 2017 schließlich gerät der inzwischen umbenannte 9th Scientist in Kontakt mit Domination Recordings, die sein zweites Album "Illatron Magnetic" veröffentlichen.

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Alle Einflüsse auf 9th Scientist legen einen sehr interessanten Künstler nahe: Fernab jeglicher BoomBap-Hochburgen (wie etwa New York) wächst er in Little Rock (alias Illatron) auf und wird dort von Soul- und Jazz-Musik geprägt. Sein Debüt spielt sich über Down-South-Beats (produziert von King Ish) ab. Er beschäftigt sich mit Sufismus, auch Black-Muslim-Bewegung und Sympathien zur bei einem kleinen Teil der Afro-Amerikaner so beliebten Vermengung der eigenen Geschichte mit dem antiken Ägypten (nicht zuletzt ein Grund für seine Bekanntschaft mit Lil Sci und Scienz Of Life) sind zu erwähnen. Der inzwischen gewählte Name (vor Akasha war es Divine Universal) leitet sich aus den Supreme Mathematics ab (wo die Ziffer Neun für Geburt steht). Wer jetzt noch nicht verwirrt ist, der achte auf die Reichsflugscheibe, die es sich im kunterbunten Cover gemütlich gemacht hat - soll man daraus schlau werden? Nein, soll man wohl nicht, und 9th Scientist tut seinerseits auch nicht sonderlich viel, um den Hörer aufzuklären. Mystikaffin wie er ist, sondert er seine "wissenschaftlichen" Erkenntnisse in kryptisch verpackten Texten ab, auf dass sie der bereits Erleuchtete verstehe und der Rest daran verzweifle - oder, wie er es selbst möchte, sich Gedanken mache und Bestrebungen anstelle, um das Gesagte nachzuvollziehen. Doch entgegen etwaigen Erwartungen raucht nach dem ersten Hördurchgang nicht der Schädel, dafür aber gewinnt man andere Erkenntnisse: Die Kindheitsmusik übt in der Tat einen starken Einfluss auf 9th aus, der hier hörbare True-School-HipHop steht ganz im Zeichen smoother, jazziger Vibes. Die werden produziert von Kid Stress, Trek 19, DJ Swift, DJ G-Force, 9th selbst sowie Lil Sci. Am Mic fällt auf, bzw. fällt vor allem nicht auf: 9th Scientist. Es sei nicht negativ zu werten, doch der stimmlich irgendwo zwischen Nas und Killah Priest gelegene 9th, der in Sachen Flows und Technik im Durchschnitt anzusiedeln ist, präsentiert sich nicht als Ausnahmeerscheinung, passt damit aber wunderbar zu seinen relaxten Instrumentals. Den Anfang setzt er dabei sehr vertraut, sowohl das für "Learn To Love" genutzte Sample von Willie Hutch als auch die Supremes in "Do You Love Me" sind dem HipHop-Head schon einige Male untergekommen. Voice-Samples, leichte Streicher und weiche Drumlines charakterisieren diesen (Groß-)Teil der LP. Paradebeispiele sind "Verses", "La La" oder Infinito's Solo "Eye Thought She Was Feeling Me", das durchaus schon als "Jazzmatazz"-Material durchginge. Neben den eingangs erwähnten lyrischen Konstrukten findet sich auch ganz schlichte Kritik am HipHop-Business wieder, etwa im (musikalisch mittelmäßigen) "Jibba Jibba Yabba Yabba", das einige Illatron-Kollegen (die den Großteil der Gäste der gesamten LP ausmachen) auf den Plan ruft. Ein Track wie "Niggas Talk Shit" will nicht zu den bisher genannten passen, Lo-Fi-Charakter und düstere Produktion fügen dem Album jedoch eine weitere Facette hinzu, wobei 9th auch hierbei eine runde Vorstellung abgibt. Ebenfalls aus dem Rahmen fällt das nicht minder starke "Myths". Qualitative Täler auf Mittelmaßniveau finden sich in "Green" (mit schwachem Gesang von Quantic) und dem beatwise orientalisch angehauchten, aber versemmelten "I Love Hip-Hop". Am anderen Ende des Qualitätsstrahls sitzt "Supreme Grand" mit melancholischen Streichern, schön klaren Percussions und natürlich einem abstrakt wunderbar zusammenspielenden Duo aus 9th und John Robinson. Ähnlich grandios und die Perfektion der jazzigen Tracks ist das von Kid Stress herrlich produzierte "Sol 'N Tha Hole".

Man muss ganz klar eingestehen, dass dieses Album hinter den Erwartungen, die es weckt, zurückbleibt. Angesichts der vollkommenen Unbekanntheit seines Debüts darf diese Scheibe als eigentliches erstes Album von 9th Scientist betrachtet werden - und wer da dieses Cover und die Eckdaten um 9th liest, der erwartet mitunter einige experimentelle Auswüchse sowie eine gewisse lyrische Dichte. Zweiterem kommt er dann zwar nach, doch als MC fehlt ihm die Fähigkeit, seine Hörer zu fesseln. Seitens des Sounds wählt man eine sehr herkömmliche Schiene, die aber meist gut bis sehr gut umgesetzt wurde - beschweren darf man sich also nicht. "Illatron Magnetic" ist insgesamt ein durchaus gutes Album, das zukünftiges Interesse an 9th Scientist erhält, aber keine Begeisterungsstürme lostritt.

6.7 / 10

Mobb Deep - The Infamous


Release Date:
25. April 1995

Label:
Loud Records

Tracklist:
01. The Start Of Your Ending (41st Side)
02. [The Infamous Prelude]
03. Survival Of The Fittest
04. Eye For An Eye (Your Beef Is Mines) (Feat. Nas & Raekwon)
05. [Just Step Prelude] (Feat. Big Noyd)
06. Give Up The Goods (Just Step) (Feat. Big Noyd)
07. Temperature's Rising (Feat. Crystal Johnson)
08. Up North Trip
09. Trife Life
10. Q.U.-Hectic
11. Right Back At You (Feat. Big Noyd, Ghostface Killah & Raekwon)
12. [The Grave Prelude]
13. Cradle To The Grave
14. Drink Away The Pain (Situations) (Feat. Q-Tip)
15. Shook Ones Pt. II
16. Party Over (Feat. Big Noyd)

Review:
Es ist geradezu amüsant, welch radikale Wendung in der Biographie von Mobb Deep überhaupt dafür sorgte, dass sie heute so bekannt sind. Denn als Havoc und Prodigy, die sich auf der High School of Art and Design trafen und Ende der Achtziger als Rap-Duo aktiv wurden, 1993 (im zarten Alter von 17) ihr erstes Album veröffentlichten, wurden sie als eine von vielen Gruppen abgetan, die zu jener Zeit im ostküstlichen Hardcore-Bereich ihr Unwesen trieben. Da halfen auch Beats von u.a. Premo oder Large Pro nichts - "Juvenile Hell" wird bis zum heutigen Tage übergangen. Als der eigentliche (Senkrecht-)Start in der Karriere von Mobb Deep zählt das zwei Jahre darauf erschienene "The Infamous".
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Die Änderungen, die seit dem gefloppten "Juvenile Hell" unternommen wurden, sind allseits bekannt: Havoc nimmt auf Seiten der Produktion das Zepter in die Hand (somit ist Prodigy definitiv als erste Geige am Mic definiert) und gibt es nur dreimal an Q-Tip ab - Premier, Large P oder Paul Shabazz von der Boom Squad sind Vergangenheit. Dieser für den späteren Status der LP essenzielle Schritt zeigt Parallelen mit einem zweiten, wesentlichen Unterschied zwischen diesem und dem Duo noch vor zwei Jahren: Die Stimmen von Havoc, aber in erster Linie von Prodigy scheinen Quantensprünge in ihrer Entwicklung gemacht zu haben, denn hier hat man es keinesfalls mehr mit Teenager-Rap zu tun. Zusammenfassend wirken Beats, Stimmen und auch Rhymes reifer und ausgeprägter, was als Basis für eines der unverwechselbarsten Alben der Rap-Geschichte höchst fruchtbar wirkt. Wieso es genau das ist? Havoc's Snare-Drums legen in Kombination mit ansonsten minimalistischen musikalischen Effekten und Spielereien den Grundstein für den viel gerühmten Trademark-Sound, Prodigy gibt dem Album am Mic eine Einzigartigkeit, wie sie schwer in Worte zu fassen ist: Die Stimme des Herrn Albert Johnson klingt so eiskalt, dass man sie einem seelenlosen Schwerverbrecher zuordnen möchte - und genau das ist es, was P's Raps über Straßenleben im Großstadtdschungel NYC und den Queensbridge Housing Projects an der 41st Side im Besonderen so viel markerschütternde Authentizität einverleibt. Da kann Havoc natürlich nicht mithalten, doch auch dieses Zusammenspiel am Mikrophon ist eine passende Facette der LP. Der Ring darf also freigegeben werden, und schon beim "Start Of Your Ending" wird klar, dass einfach alles passt: Die geradezu sanften Klänge zu Beginn des ersten Tracks bekommen schnell Gesellschaft der charakteristisch trockenen, hohlen Snares; selbige nutzt auch Q-Tip in fast identischer Weise, wodurch etwa "Temperature's Rising" die Gratwanderung des Einzugs einer weiblichen Hook in die Hardcore-Landschaft gelingt. Die weiteren Gäste zeugen von exzellenten Connections, denn neben Infamous-Buddy Noyd sind mit Nas, Wu-Tang und Q-Tip nur die Besten mit von der Partie. Die erwischen zwar nicht die besten Tracks, doch "Eye For An Eye" ist alleine wegen des hochgradigen Eastcoast-Gipfeltreffens bedeutsam. Den ersten noch hervorzuhebenden Überflieger in diesem Album voller Überflieger markiert "Survival Of The Fittest" mit einer von noch vielen folgenden epischen Performances von Prodigy, der hier jenseits von gut und böse rappt. Es geht nicht darum, was er sagt (denn das wurde schon hunderte Male gesagt), sondern wie er es sagt:

"There's a war goin' on outside, no man is safe from
You could run but you can't hide forever
From these streets that we done took
You walkin' with ya head down scared to look
You shook, cause ain't no such things as halfway crooks
[...]
I'm goin' out blastin', takin' my enemies with me
And if not, they scarred, so they will never forget me
"

Ein Piano-Loop, der schon weniger als minimalistisch ist, und fertig ist ein Klassiker. Dass in der kargen Drum-Wüste New Yorks trotzdem atmosphärische Momente aufblitzen können, zeigt sich, wenn Hav und P dem Hörer raten, wie sich der "Up North Trip" vermeiden lässt. Auch das altbekannte Storytelling über alltägliche und doch kaum harmlose Situationen bieten IMD in "Trife Life". Ganz andere, nämlich Lady-"Situations" sieht Prodigy in "Drink Away The Pain" vor sich. Dass das Album drei Inter- bzw. Preludes enthält, soll nicht vergessen werden, denn sie gehören mit u.a. Acapella-Rhymes oder schlichtem Gerede untrennbar zum Gesamtpaket dazu. Ebenso ein Track wie "Cradle To The Grave", der aufgrund seines ruhigeren Charakters gerne übersehen wird. Das wird "Give Up The Goods" kaum passieren, schließlich gehört Q-Tip's bester Beitrag zur LP auch absolut gesehen zu den Highlights, wobei P es sich nicht nehmen lässt, erneut unglaublich prägnante und präzise Lines zu droppen: "Now who the fuck you think is livin' to this day? / I'm tryin' to tell these young niggas crime don't pay / They looked at me and said 'Queen's niggas don't play. / Do your thing, I'll do mine, kid stay outta my way'". Um sich das Beste für den Schluss aufzuheben sei nun noch der große Übertrack des Albums erwähnt; ein Track, bei dem der gemeine HipHop-Fan schon beim Einsetzen der ersten Snare nach einer Sekunde wissen sollte, wo er sich befindet - nämlich in "Shook Ones Pt. II", einem bitterbösen, von Havoc grandios und tödlich nüchtern produzierten Track mit einem legendären ersten Part von Prodigy, in dem der klein gewachsene Emcee jeden noch so realen Gangster-Rapper zum Frühstück verspeist - nicht umsonst kennt man jede zweite seiner Lines aus diesem Track als Sample in unzähligen Songs der verschiedensten Artists:

"I'm only nineteen, but my mind is old
And when the things get for real my warm heart turns cold
[...]
Meanwhile back in Queens the realness is foundation
If I die, I couldn't choose a better location
When the slugs penetrate, you feel a burning sensation
Getting closer to god in a tight situation
"

Bleibt nicht mehr viel zu sagen. Der HipHop-Gott meinte es wohl einfach gut mit Havoc und Prodigy, anders lässt es sich nicht erklären, dass der Neustart mit diesem Album so perfekt gelang. Den Großteil dieser Erklärung liefern natürlich trotzdem Havoc's Produktions- und Prodigy's Rapkünste, die in einer einmaligen Weise zusammenspielen und kaum etwas schiefgehen lassen. Die Bedeutung dieses Albums für den späteren QB-Sound als auch für die gesamte ostküstliche HipHop-Szene steht außer Frage und macht den Terminus "Klassiker" unumgänglich.

9.8 / 10

Marco Polo & Ruste Juxx - The eXXecution


Release Date:
23. März 2010

Label:
Duck Down Records

Tracklist:
01. The eXXecution Intro (Feat. DJ Revolution)
02. Death Penalty (Feat. DJ Revolution)
03. Rearview
04. Take Money (Feat. Rock & Freddie Foxxx)
05. I'm On It
06. Let's Take A Sec (Feat. Black Moon)
07. Bread On Ya Head
08. Wings On Your Back
09. Nobody
10. Fuckin' Wit A Gangster (Feat. Sean Price)
11. Watch Yo Step
12. You Can’t Stop Me

Review:
Spätestens, als Marco Polo im Zuge seines Albums mit Torae bei Duck Down unterschrieb, kreuzten sich die Wege vom kanadischen (inzwischen natürlich in New York lebenden) Produzenten und Ruste Juxx regelmäßig. Letzterer kann in seiner Karriere auf mehrere Auftritte auf Boot-Camp-Posse-Cuts sowie eine Schildknappentätigkeit unter Sean Price zurückblicken. Ende 2008 sollte das mit dem Debüt "Indestructible" ein Ende haben, doch das Album ging unter den hochkarätigen anderen Releases aus dem Brooklyner Powerhouse fast vollständig - und völlig zu Recht - unter. Mit Marco Polo an seiner Seite dürfte Ruste das nicht noch einmal passieren, "The eXXecution" schlug ja bereits im Voraus höhere Wellen, als es "Indestructible" je tat.

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Entstanden aus einer Studio-Session, ganz ohne den Gedanken eines vollwertigen Albums, sieht man sich nun mit zwölf Tracks konfrontiert, auf denen Ruste sich mit dem Albumkonzept kurzerhand selbst die Legitimierung für strikte Battle-Raps von Anfang bis Ende erteilt. Damit befreit er sich recht clever von der Bürde, seiner LP Themenvielfalt und geistreiche Tracks beizumischen, um sich ganz auf das zu konzentrieren, was er am besten kann. Mit im Gepäck hat er massenweise Arroganz und Munition, die gegen alle Fakes und Konsorten verschossen wird. Ganz so überzeugend wie das Cover-Artwork von Deadly Delmundo ist er dabei zwar nicht, doch er versucht, den Hörer bei Stange zu halten. Um derartige Probleme gar nicht erst aufkeimen zu lassen, gibt es außerdem noch Schützenhilfe von einigen wahren Größen aus dem Bekanntenkreis. Das wird natürlich alles hinfällig, wenn nicht Marco Polo gute Form zeigt. Da der Produzent in letzter Zeit mehr und mehr mit Lob überhäuft wird, liegt der Moment, in dem er wirklich enttäuscht, geradezu in der Luft. Das ist hier glücklicherweise nicht der Fall, doch wie schon bei "Double Barrel" zeigen sich auch auf dieser LP Ermüdungserscheinungen ob der durchgehenden Beats Marco Polo's. Denn das sei einmal festgehalten: Tracks wie "Wings On Your Back" oder auch "Fuckin' Wit A Gangster" sind stinklangweilige Hintergrundmusik, daran ändert selbst Ruste's Inszenierung als Rap-Terminator nichts. Auch bei ihm lässt sich Kritik anbringen: Wenngleich Flow und Style durchaus ansprechend und in eine gut verträgliche Stimme gebettet sind, hielte Ruste der durchgehenden vollen Aufmerksamkeit eines Hörers keinesfalls stand. Das ist die Kehrseite der "eXXecution"-Medaille - nach spätestens zwei Tracks ist alles Abzuschlachtende abgeschlachtet und es bleibt nur noch Leichenschändung. Vielleicht war auch das ein Grund, dass vor allem in der ersten Hälfte des Albums die besseren Beats zu finden sind: "The eXXecution Intro" verströmt mit vagem Sax-Einsatz einen Hauch 90er, Cuts von Revolution sind ebenfalls nie falsch. Kurz danach wird bereits die "Death Penalty" verhängt, was mit rumpelnder Drumline erneut mordsmäßigen Spaß macht. Die große Enttäuschung der Hinrichtungsparty ist "Take Money", ein überraschend schwach produziertes Stück mit platter Hookline, wo auch ein mittelmäßiger Auftritt vom Rockness Monsta nicht hilft und man in der Regel gar nicht bis zum gegen Ende einlaufenden Freddie Foxxx kommt. Im Gegenzug findet sich "Let's Take A Sec", ein Kracher feinster Zunft, dem es an nichts mangelt (selbst die Nostalgie-Thematik passt) und der selbst mit seiner Mitgröl-Hook begeistert. Einige solide Tracks später setzen MP und Ruste mit "You Can't Stop Me" noch einen feinen Schlusspunkt, in dem tatsächlich auch ein paar nachdenkliche und selbstmotivierende Töne über die eigene Situation verloren werden.

Ob Ruste nun der Typ für ein komplettes Album ist oder nicht, bleibt wohl eine subjektive Entscheidung. Er ist in jedem Fall der Profitierende in diesem Henkerstreffen, da er mit dem soliden Outcome eine klare Steigerung zum Debüt verbuchen kann. Für eine erneute Steigerung bei einem hoffentlich nicht allzu bald erscheinenden nächsten Album bedarf es jedoch mehrerer Produzenten, die Ruste alle an einem guten Tag erwischt - ein eher unwahrscheinliches Szenario. Marco Polo schließlich zeigt mit einem Album wie diesem zwar Konsistenz, gleichzeitig aber auch, dass er sein Höchstniveau nicht durchgehend halten kann - nicht einmal ansatzweise. "The eXXecution" ist trotzdem ein überdurchschnittliches Album, so wirklich ans Herz wachsen will es einem als Gesamtpaket aber nicht.

6.0 / 10

Method Man, Ghostface Killah & Raekwon - Wu-Massacre


Release Date:
30. März 2010

Label:
Def Jam Recordings / Universal Records

Tracklist:
01. Criminology 2.5
02. Meth Vs. Chef 2
03. Ya Moms (Skit)
04. Smooth Sailing (Remix) (Feat. Solomon Childs & Streetlife)
05. Our Dreams
06. Gunshowers (Feat. Sun God & Inspectah Deck)
07. Dangerous
08. Pimpin' Chipp
09. How To Pay Rent (Skit) (Feat. Tracy Morgan)
10. Miranda
11. Youngtown Heist (Feat. Trife Diesel, Sheek Louch & Bully)
12. It's That Wu Shit

Review:
Es ist ohne große Mühe das meisterwartete Album des Jahres (zumindest bisher). Seit der Ankündigung im Sommer des letzten Jahres konnte die Kollaboration von Method Man, Ghostface Killah und Raekwon trotz kurzer Zeit einen enormen Hype aufbauen. Man hat noch die Differenzen mit dem RZA im Hinterkopf, doch wurde von allen drei explizit betont, dass das "Wu-Massacre" keinen Ableger darstellt, dass hiermit keine neue Gruppe gegründet wird und dass in den Titel keine internen Streitigkeiten hineininterpretiert werden sollten. Dieses Projekt sei für die Fans, was ein grandioses Cover-Artwork und drei streng limitierte Sammlerauflagen noch unterstreichen.

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Bei Betrachtung der Tracklist ahnt man es schon: ein Dutzend Songs, zwei Skits - dieses Album dauert nicht allzu lange, was bei einer Spielzeit von einer halben Stunde noch blumig formuliert ist. Weiterhin verwunderlich ist, dass die Scheibe ohne größere Verzögerungen ihren Weg in die Läden finden konnte. Dass das Wu-Trio die Herren von Def Jam im Nacken hatte, liegt nahe und bestätigte sich spätestens dann, als Method Man offen zugab, "Wu-Massacre" sei eine etwas gehetzte Angelegenheit. Doch das muss noch lange nicht heißen, dass man es hier mit minderwertigem Material zu tun hat, schließlich schwebt Raekwon noch auf der Wolke, auf die ihn die HipHop-Gemeinde nach seinem letzten Album gesetzt hat, während er zusammen mit Mef und Ghost die mitunter schillerndsten Gestalten des Clans ausmacht, die ganz nebenbei allesamt auch noch höchst potent am Mic sind. Was sie sich dabei gedacht haben, "Criminology 2.5" als Einstieg zu wählen, will sich mir allerdings nicht eröffnen. Das geringfügig vom Original abweichende Instrumental zeugt nicht von voreiligem Album-Release, sondern von Einfallslosigkeit - Retroeffekt hin oder her, wenn es schon nur 30 Minuten sind, dann bleibt kein Verständnis für das Aufkochen alter Klassiker. Doch ganz in diesem Sinne und im derzeitigen Wahn der zweiten Teile gibt es im Anschluss "Mef Vs. Chef 2", das mit dem Original allerdings wenig zu tun hat. Neben diesem soliden Instrumental ist Mathematics mit zwei weiteren Beiträgen am häufigsten vertreten. Meister RZA trägt dagegen nur ein einziges Mal bei, nämlich in Begleitung eines Micheal-Jackson-Samples in "Our Dreams", das zwar solide ist, aber auf einem Massaker wenig verloren hat. Thematisch schon eher ansprechend ist "Youngstown Heist", während sich eine neue Frage aufdrängt: Ist es wirklich im Sinne der Sache, nur Ghostface und die drei Gäste von ihrem Raubzug erzählen zu lassen? Auf lediglich drei Tracks sind Mef, Ghost und Rae als Trio vertreten (nicht auf "Criminology 2.5", wie auf dem Backcover fälschlicherweise angegeben) - das ist schlichtweg zu wenig. "Pimpin' Chipp" ist ein Ghost-Solo, das von Chipp und seiner Bottom Bitch erzählt. Das ist allerdings schnell vergessen, wenn das Trio zum besten Track aufläuft und von der jeweiligen Begegnung mit "Miranda" berichtet. Hier stimmt Mathematics' Piano-Beat, hier herrscht echtes Wu-Feeling. Ebenfalls stark ist "Gunshowers", in dem Ghost Seite an Seite mit seinem Sohn rappt, während "Dangerous" etwas zu lahm ausfällt. Mit "It's That Wu Shit" findet sich kein alltäglicher, ein oldschooliger Ausstieg, der durchaus seinen Charme hat.

"Wu-Massacre" ist weniger ein Album für die Fans als ein Album für Def Jam, das vom "OB4CL2"-Hype wohl noch ein wenig profitieren wollte. Doch gerade Raekwon ist nicht gerade präsent. Erwartet man also ein Album von Meth, Ghost und Rae als Trio, so kann man nur enttäuscht werden. Wer die Scheibe einwirft, der sollte sich schon zuvor damit abfinden, nicht auf jedem Track alle drei Wu-Emcees zu hören. Dann kommt immer noch der Umstand hinzu, dass seitens der Instrumentals viel zu viel Mittelmaß geboten wird. Harte Tracks sind sowieso Mangelware. Seitens der Lyrics bekommt man die gewohnt starke Vorstellung. Doch das reicht leider nicht, um das "Wu-Massacre" davor zu bewahren, eine (kleine) Enttäuschung zu sein.

5.8 / 10